In Iran gerühmt, in der Welt berühmt (4 – Schicksal der Seidenstraße)
Die Königsstraße, welche die Achämeniden vor Christus anlegten, reichte von Susa bis nach Ephesos und wurde später Teil der Seidenstraße, welche die Arsakiden, Nachfolger der Achämeniden bauten und die nach Christus von den Sassaniden und danach von den Muslimen genutzt wurde. Erfahren Sie mehr.
Sie haben aus den vorherigen Teilen einiges über die Geschichte der Vorfahren bekannter iranischer Persönlichkeiten erfahren. Sie erfuhren von dem ersten und größten iranischen Imperium, welches die Perser errichteten. Es ist das Achämenidenreich gewesen, welches alle Kulturen auf der iranischen Hochebene vereinte. Die Achämeniden bauten die Königsstraße die zum ersten Mal eine Verbindung zwischen den verschiedenen Völkern entlang dieser Straße herstellte. Die Königsstraße begann in Susa (heutiges Schusch im Südwesten Irans) führte über Mesopotamien bis nach Ephesos in Kleinasien (im Westen der heutigen Türkei). Sie war 2 tausend 680 km lang. Die Straße erfüllte nicht nur militärische und Sicherheitszwecke sondern diente neben dem Kurierdienst auch dem Handels- und Kulturaustausch. Zum ersten Mal wurden die zivilisierten Völker der damaligen Welt miteinander verbunden. Die Königsstraße bildete in der Zeit der nachfolgenden Arsakiden einen Teil der berühmten Seidenstraße, die die Mittelmeerküsten und China miteinander verband. Die Seidenstraße hat über zweitausend Jahre lang eine Verbindung zwischen den Kulturen der verschiedenen Völker, die in ihrer Umgebung lebten, hergestellt. In vielen Zivilisationsstätten an der Seidenstraße finden wir Spuren der antiken iranischen Zivilisation und des Islamischen Irans vor. Dies spricht für den Einfluss des Irans in dieser Region.
Während China und Indien im Osten der damaligen Welt lagen, befand sich Iran geografisch gesehen in der Mitte und hat im Gegensatz zu diesen Ländern immer die Möglichkeit mit aller Welt Kontakt aufzunehmen. Die iranische Kultur tauschte sich mit anderen Kulturen aus. Nach Ansicht von iranischen Kulturforschern hätte sie nicht überlebt, wenn sie nicht die Rolle eines kreativen Vermittlers zwischen den verschiedenen Kulturen übernommen hätte.
Die Arsakiden legten großen Wert auf die Seidenstraße und auch ihre Nachfolger, die Sassaniden, machten sich diesen Weg auf vielfältige Art und Weise zu nutzen. Unter den Sassaniden blieb die Stadt Tisfun (Ktesiphon), welche ihre Vorgänger am Tigris gebaut hatten, das Zentrum der Seidenstraße und die Hauptstadt Irans. In der Zeit der Sassaniden handelten die Iraner nicht nur mit Rohseide, sondern begannen auch kostbare Seidenstoffe anzufertigen. In den Werkstätten im südiranischen Schusch (Susa) und Dschundi Schapur, welche dem Sassanidenherrscher gehörten, wurden mit der Rohseide aus China die feinsten Stoffe angefertigt und über die Seidenstraße ausgeführt. Die Muster und Seidenstoffe aus dieser Zeit wurden nicht nur in ganz Europa üblich, sondern fanden auch in China und Japan ihre Anhänger. Davon zeugen die Exemplare sassanidischer Seidenstoffe im Museum des japanischen Königshauses.
Die Sassaniden beherrschten nicht nur viele Verbindungswege auf dem Festland zur Seidenstraße sondern auch zugehörige Schifffahrtswege. Sie gründeten eine starke Marine, schickten Handelsschiffe übers Meer und konkurrierten in den östlichen Meeresgewässern mit den Römern. Es gelang ihnen diese Gewässer fast vollständig von den römischen Schiffen freizuhalten. Unter den Sassaniden errichteten auf der Insel Serendib (wie Sri Lanka früher hieß) und auf Inseln und an den Küsten des Indischen Ozeans wie Malaya Handelshäuser und lebten dort. Die Herrschaft über die Handelshäfen im Indischen Ozean reicht bis in die Islamische Ära des Irans hinein.
Die unter dem Namen „Gewürzstraße“ bekannt gewordene Seestrecke verlief vom Persischen Golf durch den Golf von Oman und den Indischen Ozean bis zu dem Subkontinent Indien, der für seine zahlreichen Gewürzpflanzen bekannt war. Die Gewürzstraße erfuhr dank der Seemacht der Sassaniden und der iranischen Händler zur See einen Aufschwung und auf diese Weise gelangten die Gewürze aus Indien nach Ktesiphon im Zweistromland und wurden von dort aus über die Seidenstraße auf dem Festland ans Mittelmeer und nach Rom und Byzanz ausgeführt.
Die iranischen Kaufleute reisten sogar bis zu dem südchinesischen Hafen in Kanton und erwarben dort die Seide direkt bei den Chinesen.
Bevor das sassanidische Königsreich unterging und bevor die Bevölkerung in Transoxanien und Chorezm und dem chinesischen Turkestan sich zum Islam bekannte, befand sich der Handel auf den Wegen durch Turkestan zur Seidenstraße fast ausschließlich in den Händen der Iraner, die in Soghdien in Transoxanien lebten. Sie besaßen wie zuvor Handelseinrichtungen überall in dieser Region und großen kulturellen Einfluss. In dieser Zeit zogen die iranischen Schiffe bis zu den Häfen in Vietnam, darunter Hanoi und nach Kanton an der südchinesischen Küste.
Im ganzen Kulturraum Irans gab es Verbindungswege und diese machten es ständig möglich, dass die iranische Kultur mit den Kulturen anderer Völker in Berührung kommt. Bis vor einigen Jahrhunderten fand über dieses Verbindungsnetz sowohl ein Handels – als auch Kulturaustausch iranischer und anderer Völker statt.
Iran ist einer der Ausgangspunkte der Zivilisationen, der Religion, des Denkens und der Kunst und wissenschaftlicher Errungenschaften. Es ist der Lebensraum von verschiedenen Völkern und Ziel von Völkerwanderungen aber auch Schauplatz von Offensiven. Aufgrund dieser Aspekte entstanden verschiedene verzweigte Wegenetze, dank derer jedes Gebiet der zivilisierten Welt effektiv mit den anderen Gebieten in Verbindung treten konnte.
Mit anderen Worten: Iran lag geografisch gesehen in der Mitte der Kulturen der antiken Welt, nämlich der chinesischen und indischen im Osten, und der mesopotamischen, ägyptischen, der griechischen und römischen im Westen. Deshalb waren die Verbindungswege, die es besaß nicht nur für die Region und seine Bevölkerung wichtig, sondern auch für die übrige Welt von Bedeutung und verknüpften im wahrsten Sinne des Wortes Osten und Westen miteinander.
Die Seidenstraße und die Wege, die zu ihr führten, schienen bis vor hundert Jahren nur zu einer bestimmten Region und einer bestimmten historischen Ära zu gehören, aber inzwischen hat sich gezeigt, dass sie auch heute , im Zeitalter der Technologie, ihre historische und kulturelle Bedeutung hat und einen Zweck erfüllt.
Aus den historischen Quellen geht hervor, dass in der Alten Welt die Seidenstraße für die Verbreitung geistiger Bewegungen und Kultur und Kunst genutzt wurde. Auch die Rechtsgelehrten der Muslime und Verkünder des Islams, islamische Mystiker und Dichter des Irans zogen über die Seidenstraße und nutzten sie, um ihre Gedanken und Überzeugungen zu vermitteln. In den islamischen Epochen bereisten muslimische Kaufleute aus Iran und Arabien die ganze Welt. Die iranischen Muslime durchquerten große Meere und Ozeane und verfrachteten viele ihrer Waren an weit entfernte Häfen um sie dort zu verkaufen, neue Ware zu erstehen und sie in den Heimathafen mitzunehmen. Diese Reisen führten automatisch zu einer Begegnung zwischen den Kulturen und zu einem Austausch zwischen ihnen.
Als die Chinesen in die iranischen Gebiete kamen, haben einige kulturelle Aspekte der ostasiatischen Bevölkerung dort einen Einfluss ausgeübt. Im Rahmen der Gewinnung von Seide und der Herstellung von Papier seitens der Chinesen in Chotan (heutiges Hotan, Westchina) und der Gewinnung von Tee seitens der Inder und dem Handelsverkehr zwischen diesen Gebieten und dem Iran, drangen auch kulturellen Elemente aus China und Indien ins Land ein.
Als dann der Islam in den Iran kam und die Muslime östliche Gebiete eroberten und die verschiedenen Völker kulturell miteinander Bekanntschaft schlossen, erfuhren auch die Beziehungen einen Wandel. Handel, Reisen und Kommunikation erhielten eine neue Funktion. Das islamische Heer rückte, nach Eroberung des Zweistromlandes und der Stadt Tisfun (Ktesiphon) auf den mehrfachen Wegen im Süden und im Zentrum des Irans und auf dem besonderen Weg nach Chorasan in Richtung Osten und Nordosten vor. Die muslimischen Heerscharen eroberten gleich im ersten Jahrhundert nach der Hidschra das Gebiet Chorasan und Transoxanien. Im Jahre 96 nach der Hidschra und dem Mondkalender (Anfang des 8. Jahrhunderts nach christlicher Zeitrechnung) erreichten sie auch Kaschgar, das Tor zu China. Auf diese Weise gelangte auch der östliche Teil der Seidenstraße in die Hände der muslimischen Herrscher. Nach dem auch die westasiatischen Teile am Mittelmeer von den Muslimen erobert wurden, gehörte fast die ganze Seidenstraße zusammen mit den Wegen, die zu ihr führten, zu dem großen Reich der Muslime.
Die Seidenstraße überließ ihr vorheriges Wirtschafts- und Kulturleben der Islamischen Epoche. Sie stand in Verbindung mit verschiedenen Religionen und behielt bis zum 15. und 16. Jahrhundert nach Christus ihre große Bedeutung. Doch nachdem die Kolonialmächte Europas in Asien auftauchten und neue Wege zur See entdeckt wurden, entstand ein Wandel in dem Wegenetz. Die Kolonialmächte legten entsprechend ihrer Interessen neue Wege an und das historische Wegenetz Asiens löste sich auf, während das Gesellschaftsleben der Völker in Asien sich veränderte.