Teil 950: Sure Dhariyat (Die Zerstreuenden) Vers (15- 23)
Wir betrachten heute als Erstes die Verse 15 bis 19 der Sure Dhariyat: In diesen Versen der Sure 51 heißt es:
(51: 15 - 23)
إِنَّ الْمُتَّقِينَ فِي جَنَّاتٍ وَعُيُونٍ
„Gewiss, die Gottesfürchtigen werden in Gärten und an Quellen sein, (51: 15)
آخِذِينَ مَا آتَاهُمْ رَبُّهُمْ ۚ إِنَّهُمْ كَانُوا قَبْلَ ذَٰلِكَ مُحْسِنِينَ
sie empfangen, was ihr Herr ihnen gegeben hat, denn sie pflegten davor Gutes zu tun.“ (51: 16)
كَانُوا قَلِيلًا مِّنَ اللَّيْلِ مَا يَهْجَعُونَ
„Nur ein wenig pflegten sie in der Nacht zu schlafen,“ (51: 17)
وَبِالْأَسْحَارِ هُمْ يَسْتَغْفِرُونَ
„und im letzten Teil der Nacht pflegten sie (Gott) um Vergebung zu bitten" (51: 18)
وَفِي أَمْوَالِهِمْ حَقٌّ لِّلسَّائِلِ وَالْمَحْرُومِ
und von ihrem Vermögen war ein Anteil für den Bittenden und den Unbemittelten bestimmt.“ (51: 19)
Der Koran setzt verschiedene Methoden zur Charaktererziehung ein. Eine davon ist der Vergleich zwischen guten und schlechten Menschen. In den vorhergehenden Versen war auf die Jenseitsleugner und die Menschen, die Hässliches tun, verwiesen worden, und im Anschluss daran geht es nun um die Eigenschaften, mit denen sich die Geläuterten und Gottesfürchtigen schmücken. Ihnen werden besondere Gnaden im Jenseits erwiesen, denn sie haben im Diesseits gute Werke vollbracht und waren wohltätig.
An dieser Stelle könnte jemand einwenden, dass es auch unter den Jenseitsleugnern Leute gibt, die den Mitmenschen helfen. Die aufrichtigen Gläubigen unterscheiden sich jedoch dadurch von ihnen, dass sie nicht nur barmherzig zu den Dienern Gottes sind, sondern auch mit Gott in Verbindung stehen, das Gebet verrichten, Ihn preisen und Ihn um Vergebung bitten. Am Tag denken sie an die anderen und helfen, deren Probleme zu lösen, und in der Nacht denken sie über sich selber nach, gedenken Gottes, und festigen ihre spirituelle Beziehung zu Ihm.
Zu diesen Versen möchten wir fünf Punkte anführen:
Erstens: Der Verzicht auf diesseitige Genüsse, die mit Sündhaftigkeit verbunden sind, führt zu beständigen Genüssen und ewigem Glück im Jenseits.
Zweitens: Die Beziehung zu Gott durch das Gebet und seine Anflehung einerseits und andererseits die Wohltätigkeit gegenüber den Bedürftigen in der Gesellschaft sind die beiden Schwingen für den Flug in das himmlische Reich und zum ewigen Glück. Dieses hohe Ziel wird der Mensch mit nur einem dieser beiden Flügel nicht erreichen.
Drittens:Es ist charakteristisch für die Gottesfürchtigen, dass sie einen Teil der Nacht dem Gebetsritual und dem vertraulichen Gespräch zu Gott widmen und in dieser Zeit auf süßen Schlaf verzichten.
Viertens: Die beste Zeit, Gott um Vergebung für Sünden zu bitten, ist die Zeit vor Tagesanbruch im letzten Teil der Nacht.
Fünftens: Was den Bedürftigen und Entbehrenden gespendet wird, ist deren Recht. Denn Gott hat etwas von dem, was der Mensch besitzt, als Anteil für die Notleidenden bestimmt. Wir dürfen uns deswegen nicht gegenüber den Bittstellern so verhalten, als hätten wir ihnen eine Gnade erwiesen.
Nun zu den Versen 20 bis 23 der Sure 51 (Dhariyat)
وَفِي الْأَرْضِ آيَاتٌ لِّلْمُوقِنِينَ
„Und auf der Erde gibt es Zeichen für die Überzeugten“ (51: 20)
وَفِي أَنفُسِكُمْ ۚ أَفَلَا تُبْصِرُونَ
„und (auch) in euch selbst (gibt es Zeichen). Seht ihr denn nicht?“ (51: 21)
وَفِي السَّمَاءِ رِزْقُكُمْ وَمَا تُوعَدُونَ
„Und im Himmel ist eure Versorgung und das, was euch versprochen wird.“ (51: 22)
فَوَرَبِّ السَّمَاءِ وَالْأَرْضِ إِنَّهُ لَحَقٌّ مِّثْلَ مَا أَنَّكُمْ تَنطِقُونَ
„Beim Herrn des Himmels und der Erde, das ist gewiss so wahr, wie (es wahr ist, dass) ihr reden könnt.“ (51: 23)
Im Vers 15 war vom Jenseits die Rede, aber der Vers 20 kehrt wieder zu dem Thema Schöpfung zurück. Der Mensch wird in diesem Versabschnitt der Sure 51 gefragt, warum er nicht die Augen öffnet und sieht, wie großartig die Erschaffung der diesseitigen Welt ist. Und auch im Menschen selber gibt es Zeichen, die er sehen sollte. Die Vorsteher der Religion haben zu dieser Selbstkenntnis angespornt, indem sie sagten:
"من عرف نفسه فقد عرف ربّه"
„Wer sich selber kennt, der kennt seinen Herrn.“
Heute befassen sich viele Fächer an den Fakultäten für Medizin und Psychologie mit den verschiedenen Seiten des Menschen und untersuchen seine körperlichen und psychischen Dimensionen, um auf diese Weise ein vollständigeres Bild vom Menschen zu gewinnen. Aber trotz all der diesbezüglichen Anstrengungen lässt sich sagen, dass noch viele Seiten des Menschen unerkannt geblieben sind und der Mensch in Wahrheit immer noch ein unbekanntes Wesen darstellt.
Auch die Entwicklungsphasen des menschlichen Embryos sowie seine Entwicklungsstufen nach der Geburt zum erwachsenen Menschen, ebenso wie seine Kräfte und Fähigkeiten gehören zu dem Wunder seiner Erschaffung. An ihnen ist abzulesen, dass der Schöpfer von vornherein über alle Bedürfnisse des Menschen im Bilde war.
Für die bessere Kenntnis von jedem Organ des Körpers wie das Auge und das Ohr, die Zähne oder jedem System im Körper wie der Blutkreislauf, der Verdauungsapparat, die Atemwege oder das Immunsystem sind Spezialisten nötig. Sie studieren und untersuchen das entsprechende Organ oder System, um noch mehr darüber zu erfahren, wie es arbeitet.
Aber auch die Erde, auf der wir leben, ihr Abstand zur Sonne und anderen Himmelskörpern und die Erdrotation um die eigene Achse und ihre Umlaufbahn um die Sonne, ebenso wie die hohen Berge und die tiefen Täler, die Ozeane als riesige Wasserspeicher – all dies sind Zeichen für das Wissen und die weise Planung Gottes.
In Wahrheit deckt die Erde großzügig alle natürlichen Bedürfnisse des Menschen und die Bedürfnisse tausender verschiedenen Tierarten, die auf ihr leben. Ihr weicher Boden erlaubt das Wachstum aller möglichen Pflanzen: Blumen, Getreide, Obstbäume. Zugleich halten ihre harten Gebirge alle möglichen Lagerstätten mit Dingen vorrätig, die die Menschheit benötigt.
Es liegt auf der Hand, dass jemand, der tiefer über die Erschaffung des Menschen und die Welt nachdenkt, erkennt, dass sie einen Schöpfer haben, der sie aufgrund von Weisheit und klugem Voraussehen entworfen hat und ein hohes Ziel mit der Erschaffung des Menschen in dieser Welt verfolgte. Sicherlich ist das Ziel des Menschen nicht sein irdischer Tod, sondern sein endgültiges Ziel ist das Leben nach dem Tod: das ewige Leben im Jenseits.
Wir sehen:
Erstens: Eine der Methoden mit denen der Koran den Schöpfer vorstellt, besteht darin, dass er die Menschen auf die Zeichen Gottes, die es im Diesseits gibt, aufmerksam macht, um ihnen auf diese Weise Gewissheit über die Existenz des weisen und mächtigen Schöpfers und Herrn zu geben. Natürlich werden die irdischen Zeichen für das Wissen und die Macht Gottes parallel zu den Fortschritten der Wissenschaft und der Aufdeckung der Geheimnisse der Natur immer deutlicher.
Zweitens: Die Erlangung von Erkenntnis über uns selber ist einer der besten Wege zur Gotterkenntnis. Sie führt den Menschen von seinem „Selbst“ zu seinem Herrn und Schöpfer.
Drittens: Die Quelle der Versorgung liegt im Himmel, und Himmel und Erde stellen in gegenseitiger Unterstützung die Versorgung des Menschen bereit. Das Sonnenlicht, die Wolken, Wind und Regen spenden dem toten Boden Leben und ernähren alle Lebewesen.
Viertens: Die Fähigkeit zu sprechen ist ein besonderes Geschenk des Herrn an die Menschen. Um zu bekräftigen, dass Sein Wort und Seine Verheißung wahr sind, führt Gott im Vers 23 der Sure 51 diese Fähigkeit an.