In Iran gerühmt, in der Welt berühmt (6 – Aufstieg der Türkischsprachigen im Iran)
Wir werden heute die Entstehung nicht-iranischer Regierungen auf der iranischen Hochebene betrachten.
Wir sagten, dass sich Iran vor dem Islam geografisch fast auf die halbe damalige Welt ausdehnte und dem entsprechend groß auch das Gebiet, auf den sich die iranische Kultur auswirkte, war. Wir sagten auch, dass nach dem Sturz des Sassanidenreiches im 7. Jahrhundert nach Christus und dem Anschluss der iranischen Bevölkerung an den Islam, dieser Einflussbereich nicht abnahm sondern im Gegenteil sich ausdehnte und die Iraner, welche unter den umayyadischen und besonders unter den abbassidischen Kalifen wichtige Positionen innehatten, ihren Einfluss bis zu den fernsten Orten vergrößerten. Einer der fernen Gebiete, in dem die iranischen Muslime zum ersten Mal ihren Fuß setzten, war Südeuropa. Unter den Umayyaden hatten die Muslime Ende des 1. Jahrhunderts nach der Hidschra, Anfang des 8. Jahrhunderts nach Christus das spanische Andalusien erobert. Zusammen mit den anderen Muslimen nahmen auch die Iraner an der Verwaltung der neuen Gebiete des Islamischen Reiches teil. Ein große Zahl von Iranern aus dem nordostiranischen Chorasan und aus anderen Teilen des Landes kam nach Spanien: Es waren Rechtsgelehrte und Koranexegeten und Hadithologen, Richter, und Befehlshaber, Sekretäre und Politiker. Sie wurden insbesondere in den Städten von Andalusien ansässig. Bis mindestens zum 5. Jahrhundert nach der Hidschra, die Iraner in Spanien mit ihrem Einfluss präsent. Laut zuverlässigen Geschichtswerke lebten in diesem Jahrhundert, dem 14.Jahrhundert nach Christus mehr als 150 iranische Religionsgelehrten in Spanien.
Die abbasidischen Kalifen setzten Vertrauen in die Iraner von Chorasan. Ab der Regierungszeit des Abbasiden Mehdi wurden ihnen wichtige Aufgaben in der Politik und für die Verwaltung von Ägypten und anderen Gebieten in Nordafrika und auf den Inseln der heutigen Türkei überlassen. Die iranische Kultur, die unter den Achämeniden auch in Ägypten eine wichtige Rolle gespielt hatte, gelangte erneut in dieses nordafrikanische Land. In der Islamischen Ära kamen die Iraner zum ersten Mal in weit entfernte Gebiete von Südostasien, wie Malaysia und Indonesien. Der Einfluss der islamisch-iranischen Kultur in Indonesien und Malaysia war unverkennbar. Die meisten Verkünder des Islams, die in dieser Gegend erschienen, waren Iraner und viele der Bücher, die von Muslimen in die malaiische Sprache übersetzt wurden, waren Werke auf Persisch.
Ein wichtiger Wandel innerhalb Irans nach Eintreffen des Islams war die Verlagerung des Kulturzentrums des Landes vom Westen in den Osten der iranischen Hochebene. Zur Zeit, als die Umayyaden herrschten, lebten viele kulturelle Persönlichkeiten und Denker in zentral gelegenen, westlichen und südlichen Gebieten Irans. Da jedoch diese Gebiete Schauplatz militärischer Auseinandersetzungen zwischen Iran und den Arabern wurden, wanderten diese Personen in das nordöstliche Iran nach Chorasan und nach Transoxanien aus. Aufgrund dieser Migration erlebte der Nordosten Irans ab da eine besondere Blütezeit in der Geschichte der islamisch-iranischen Zivilisation.
Transoxanien war zu Beginn der Islamischen Ära ein Gebiet mit iranischer Bevölkerung. Es galt als eines der Ursprungsgebiete der iranischen Zivilisation. Jenseits des Flusses Sihun (Jaxartes, heute Syrdarya) lebte jedoch ein nicht-muslimisches kriegerisches Volk, von dessen Seite aus ständig Angriffe und Plünderung drohten. Nord-Chorasan und Transoxanien bildeten in den ersten Jahrhunderten der Islamischen Ära die äußerste Grenze der Islamischen Welt im nördlichsten Teil von Asien. Nachdem die Iraner Muslime geworden waren, hatten Chorasan und Transoxanien die Aufgabe diese Grenzen zu schützen. Es kam daher zu Zusammenstößen an diesen Grenzen mit türkischsprachigen Völkern. Nach einem ersten Widerstand gegenüber den muslimischen Kämpfern, nahmen diese Völker den Islam an und sie schafften sich im Laufe der Zeit Zugang zu den Regierungszentren der Muslime. Einige von ihnen wurden auch bei den Kämpfen der Muslime jenseits der Grenzen gefangen genommen und dienten später den muslimischen Befehlshabern.
Die türkischsprachigen Neu-Muslime zeichneten sich durch ihre Wendigkeit und Furchtlosigkeit und Kampfkraft aus. Viele muslimische Befehlshaber erkannten bald deren Kampffähigkeiten und heuerten sie an. Jeder Befehlshaber stellte eine Schar von türkischsprachigen Kriegsgefangenen, die als Sklaven gehalten wurden, in seinem Heer ein und bevorzugte sie und ihre Söhne als Leibwächter.
Diese kriegstüchtigen Sklaven zogen den größten Gewinn aus der offenen islamischen Gesellschaft und durch ihre Kampffähigkeiten und ihre anfängliche Treue zu ihren Herren konnten sie sozial aufsteigen, so dass sie schließlich sogar das Niveau von Befehlshabern und Herrschern erreichten.
Die Loyalität der türkischsprachigen Sklaven gegenüber ihren muslimischen Befehlshabern währte nicht allzu lange, dann nachdem sie höhere militärische Ränge erhalten hatten und sich ihrer Macht bewusst geworden waren, versuchten sie sich einzumischen und arbeiteten an dem Sturz der Befehlshaber.
Es heißt, dass die abbasidischen Kalifen, wie Mu`tasim, als erste türkischsprachige Sklaven im muslimischen Heer einsetzten. Aber im Geschichtswerk The Cambridge History of Iran steht in Berufung auf erhalten gebliebene Dokumente, dass bereits die iranischen Prinzen und die Muslime in Transoxanien und Soghdien die Türkischsprachigen als Soldaten und Grenzwächter eingestellt hatten. Später haben die iranische Befehlshaber unter den Saffariden und Samaniden (beide 9. – bis 11. Jahrhundert nach Christus) die gleiche Politik betrieben und türkischsprachige Krieger in ihre Privatgarde aufgenommen. Sabuktigin,, der Vater von Sultan Mahmud, mächtigster Herrscher der Ghasnawiden ( 977-1186) hatte als Diener am Hof der Samaniden gedient und war im Militär von Chorasan zu einem General aufgestiegen. Er wurde zum ersten Turk-Herrscher im Iran. Die Ghaznawiden Dynastie, die er gründete konnte ein Imperium aufstellen, das in etwa so groß war wie der vorherige iranische Kulturraum. Die Ghaznawiden waren im Grunde alle Nachkommen von Turk-Sklaven, doch waren sie darum bemüht, sich als Iraner auszugeben. Viele wahrhaft iranische Gelehrte und Künstler haben im Gefolge der Expansionspolitik der türkischstämmigen Herrscher Bekanntschaft mit den Kulturen an anderen sehr entfernten Gebiete außerhalb von Iran Bekanntschaft geschlossen. Einer von ihnen ist Abu Reyhan Biruni gewesen, über dessen Reiseerlebnisse sein Werk Tarich al Hind (die Geschichte Indiens) Auskunft gibt.
Bis zum Ende der Ghaznawiden-Dynastie erzielten die Türken meistens als Einzelpersonen und nicht als Gruppen einen Aufstieg im Militär und in der politischen Hierarchie am Hofe der iranischen Kalifen und Herrscher. Einzelne Personen gelangten am Herrscherhof zu höheren Ämtern und schließlich an den Posten eines Befehlshabers oder sogar auf den Rang eines Herrschers. Während ihres Aufstieges brachen sie die Beziehungen zu ihrer Familie oder ihrem Volksstamm ab und die meisten von ihnen passten sich der islamisch-iranischen Kultur an , übernahmen die persische Sprache und haben wie Sultan Mahmud Ghaznawi sogar die Verbreitung der Persischen Literatur und Dichtung gefördert.
Sie erhielten keinerlei Unterstützung von ihrem Volksstamm und handelten, frei von jeder Abhängigkeit zu ihnen, wie iranische Herrscher. Einige haben sich sogar einen falschen Stammbaum zugelegt, der sie als iranischstämmig ausgab. Ein Beispiel ist Sultan Mahmud.
Das gruppenweise Eindringen von Türkischstämmigen auf die iranische Hochebene setzte mit dem Angriff der Oghusen ein. Die meisten Turk-Völker in Transoxanien und Nord-Chorasan waren Muslime geworden und so hatten die muslimischen Truppen bezüglich der meisten dieser Gebiete keinen Anlass mehr zum Kampfe. So kam es, dass die Militärsitze an den Grenzen in Transoxanien nacheinander aufgelöst wurden und die zum Islam übergetretenen Turkmenen in die iranische Hochebene eindringen konnten. Die seldschukischen Turkmenen, welche Muslim geworden waren, baten wegen fehlender Weidefläche und Versorgungsschwierigkeiten die ghaznawidischen Herrscher im Iran ihnen, als Gegenleistung für die Bewachung der nördlichen Grenzen gegenüber Angreifern, Weideland zur Verfügung zu stellen. Nachdem die Macht der Ghaznawiden in Transoxanien nachgelassen hatte und diese ihre Hauptstadt von Transoxanien nach Ghaznin (heute Ghazni in Afghanistan) nahe der Grenze zu Indien verlegt hatten, erstarkten die Seldschuken und steigerten ihren Druck auf die Gebiete in Transoxanien und Choresm (im westlichen Zentralasien). Sie bedrohten mit ihren Angriffen die Siedlungsgebiete.
Bevor sich die Turk-Stämme, insbesondere die Seldschuken niederließen, bestand die Bevölkerung in Choresm und Transoxanien vornehmlich aus Iranern. Es herrschte die iranische Kultur vor und die soghdische und choresmische Sprache waren üblich. Bevor die Türken die Kontrolle über diese Gebiete vollkommen in der Hand hatten und sogar noch zur Zeit der Seldschuken, wurde dort die choresmische Sprache gesprochen und geschrieben. Die türkischsprachigen Seldschuken wiederholten ihre Angriffe auf diese Regionen und eroberten mit der Zeit alle ihre Städte. Sie besiegten schließlich den Ghaznawiden Masud und begannen über die weite Hochebene Irans zu herrschen.