Apr 07, 2022 13:19 CET
  • Moral – islamisch gesehen  (15 -  Zuverlässigkeit)       

Neben der Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit nimmt auch die Zuverlässigkeit und Pfandtreue einen wichtigen Platz in der islamischen Kultur ein.

 

                                             

 Die Zuverlässigkeit ist so bedeutend, dass Gott der Allmächtige spricht:

Allah befiehlt euch, anvertraute Güter ihren Eigentümern (wieder) auszuhändigen.

So steht es im Vers 58 der Sure 4 (Nisa).  

In diesem Vers ist allgemein von anvertrauten Gütern die Rede, ohne dass irgendwelche Einschränkungen gemacht werden. Korankommentatoren und Sachkundige haben daher gesagt, dass unter „Amanat“ – den anvertrauten Gütern – Verschiedenes zu verstehen ist, von anvertrauten Geheimnissen , Sachgütern oder Geldern  bis zu verantwortungsvollen Posten und religiösen, politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und militärischen Angelegenheiten, mit denen jemand betraut wurde.  Daher sind verantwortungsvolle Aufgaben,  falls der Mensch nicht kompetent ist sie zu behalten, an diejenigen zu übergeben, denen diese Positionen gebühren. Und falls jemand dies nicht tut, hat er zweifelsohne nicht das Prinzip der Pfandtreue eingehalten und sogar einen Verrat an seiner Gesellschaft begangen.

                            

Ein besonderes Attribut der Propheten Gottes bestand darin, dass sie die Zuverlässigkeit schmückte. Sie galten als zuverlässig und die Bevölkerung vertraute ihnen.  Der geehrte Prophet des Islams (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) war sogar schon bevor er in der Zeit der Ignoranz zu den Menschen, d.h. in jener Zeit wo nichts von moralischen und menschlichen Werten zu verspüren war, ausgesandt wurde,  als „Mohammad Amin“ – Mohammad, der Zuverlässige - bekannt, weil er absolut vertrauenswürdig war.

Imam Sadiq (Friede sei mit ihm) ist in der Schule des Propheten aufgewachsen. Er hat über den Sinn der Aussendung der Propheten gesagt:

Wahrlich! Gott der Allmächtige und Erhabene hat keinen Propheten zur Mission berufen, ohne dass dieser die zwei wertvollen Attribute Ehrlichkeit und Pfandtreue besessen hätte!“ (Aus Usul-i Kafi)

                            

   Aber nicht nur die Propheten sondern auch Menschen, die aufgrund von wahrer Erkenntnis an Gott und seine  Botschafter glauben, müssen sich wie diese mit moralischen Werten wie die Pfandtreue und Zuverlässigkeit schmücken. Sie sollen  sich an den Propheten ein Vorbild nehmen.  Im Koran werden in der Sure Muminun, Sure 23, mehrere gute Eigenschaften der Gläubigen genannt, die sich auf ihr Gott-Dienen sowie  ihre Moral und Sittsamkeit beziehen. Und über die Zuverlässigkeit und Pfandtreue heißt es dann im Vers 8 dieser Sure über sie:

 

und denjenigen, die auf die ihnen anvertrauten Güter und ihre Verpflichtung achtgeben, (und Verantwortung verspüren sie zu wahren)

 

so lautet auch der Vers 32 der Sure 70  (Muaridsch).

                                              

 

Es gibt Leute und Ideologien, die die Moral einschränken und von Bedingungen abhängig machen oder die moralischen Werte wie Instrumente handhaben und nur wenn es in ihrem Interesse ist sich an diese Werte halten. Aber falls sie jemandem begegnen, demgegenüber sie Feindschaft hegen, kehren sie den Werten den Rücken zu. Im Gegensatz dazu fordert der Islam seine ernsthaften Anhänger hinsichtlich der Einhaltung der moralischen Prinzipien, darunter der Verantwortung gegenüber anvertrauten Gütern auf,  keinen Unterschied zu machen zwischen Freund und Feind. 

 

Imam Sadiq (F) sagt hierüber:

Fürchte Gott und gib ein anvertrautes Gut demjenigen zurück, der dich für vertrauenswürdig erachtet hat“ dann fügte der Imam hinzu: „Hätte der Mörder von Ali (F), dem Anführer der Gläubigen, mir ein Gut anvertraut, hätte ich es ihm ohne zu zögern, ausgehändigt.“ (Amali al Saduq 4/204)

 

Der gleichen Quelle entnehmen wir (unter Hadith 5):

Gebt ein  vertrautes Gut an seinen Besitzer zurück, selbst wenn er der Mörder des Husain ibn Ali sein sollte!“

 

Leider gibt es eine Gruppe von Heuchlern und Opportunisten die sich gläubig stellen, um andere zu betrügen und alle Prinzipien des Glaubens und der moralischen Werte mit Füßen treten. Der Koran äußert sich zu  einer solchen verwerflichen Eigenschaft in der Sure 8 (Anfal) im Vers 27 wie folgt: 

O die ihr glaubt, verratet nicht Allah und den Gesandten, und handelt nicht wissentlich verräterisch in Bezug auf die euch anvertrauten Güter

 

Inspiriert von dieser Botschaft des Korans müssen wir wachsam und klug uns davor hüten, auf den Betrug der  Heuchler hereinzufallen.

 

Imam Sadiq (F) hält einen klaren Ratschlag dazu bereit, wenn er sagt:

„Lasst euch nicht vom Fasten und Gebet (einiger Leute) täuschen. Wie oft kommt es vor, dass jemand sich (nur) an sie gewöhnt und Gefallen daran gefunden hat (daher beurteilt diese Leute nicht danach, sondern) Stellt die   Wahrhaftigkeit, Ehrlichkeit und Treuhandschaft auf die Probe und beurteilt danach!“

Bei der Beurteilung von Personen müssen wir also jegliche Oberflächlichkeit beiseitelassen und mit Scharfsinn ihr Vorgehen untersuchen, dies insbesondere bei Leuten, die Glauben und moralische und religiöse Werte nur vortäuschen und nichts anderes als einen Verrat an den anderen vorhaben.

                                 

Der Koran hat in zahlreichen Versen das gefährliche Wesen der böswilligen Heuchler entlarvt. Ein Beispiel sind die Verse 8 und 9 der Sure 2 (Baqara). Sie lauten:

Unter den Menschen gibt es manche, die sagen: „Wir glauben an Allah und an den Jüngsten Tag“, doch sind sie nicht gläubig.

Sie möchten Allah und diejenigen, die glauben, betrügen. Aber sie betrügen nur sich selbst, ohne zu merken.

Der Prophet Gottes (S) hat, inspiriert von der Offenbarung  Gottes, den angeblichen Glauben von Heuchlern dementiert und gesagt:

Wer nichts von (dem Geist) der Pfandtreue besitzt, hat keinen Glauben.“ (Bihar ul Anwar 72/198).

Der Prophet (S) hat auch gesagt:

„Jemand, in dessen Augen die Pfandtreue und Zuverlässigkeit wertlos ist, gehört nicht zu uns (er hat nicht begriffen, was es heißt Muslim zu sein).“  (Bihar ul Anwar 75/172).

                                            

Zusammengefasst lässt sich abschließend sagen, dass wahre Muslime sich an zwei Grundsätze halten: Sie sind wahrhaftig und ehrlich und zuverlässige Treuhänder. Es sind diese beiden herausragenden Eigenschaften, welche sie von den Leuten, die gottesdienstliche Werke und religiösen Glauben nur vortäuschen, unterscheidbar machen.