Apr 18, 2022 23:09 CET
  • In Iran gerühmt, in der Welt berühmt (19 – Dschordschani – 2)

Heute erfahren Sie noch mehr über Dschordschani, den bekannten iranischen Arzt des 5.Jahrhunderts nach der Hidschra – 11. Jahrhundert nach Christus.

 

 

Zur Erinnerung:  Seyyed Ismail Dschordschani wurde 1042 nach Christus in  Dschordschan im Norden Irans geboren, begann dort sein Medizinstudium und führte es in verschiedenen Städten wie Marw, Balch und Neyschabur weiter. Neben seinen Kenntnissen in der Human- und Tiermedizin und Arzneimittelkunde  wurde er auch für sein Wissen in der islamischen Überlieferung, Islamischer Weisheit und Jurisprudenz berühmt. Er war wahrscheinlich in Marw einer der Lehrer des  Qutbuddin Muhammad Chwarazmschah gewesen, bevor dieser König wurde. Das Werk   Zachirah-i Charazmschah  ist diesem iranischen König gewidmet.

                          

 

Choresmien ist eine historische Landschaft  südlich des Aral-Sees   am Amu Daryafluss. Die Stadt Chiwa in diesem Gebiet  galt schon  lange vor Dschordschani als ein Gelehrtenzentrum und   genoss schon vor der islamischen Ära eine gewisse Unabhängigkeit. Aber im 10. Jahrhundert nach Christus, d.h. 385 nach der Hidschra und dem Mondkalender wurde der Herrschaftssitz nach Gurgandsch - auch Dschordschaniya - verlegt.  Unter der iranischen Dynastie der Samaniden  war Choresmien eine Zeitlang  verwaltungsmäßig dem Gebiet Chorasan in Nordostiran zugeordnet. Aber als Qutbuddin Mohammad, Stammvater der Chwarazm-Könige 491 nach der Hidschra von den Seldschuken als Verwalter nach Choresmien entsandt worden war und dort zu herrschen begann, fand Choresmien wieder zu einer relativen Unabhängigkeit, erstarkte  politisch  und blühte  erneut wissenschaftlich und wirtschaftlich auf, bis es schließlich unter Qutbuddin Muhammad politisch völlig unabhängig wurde. Qutbuddin Muhammad war ein begabter Herrscher und unterstützte Wissenschaft und Religion.

Dschordschani  machte sich im Jahre 504 nach der Hidschra und dem Mondkalender im Alter von 70 Jahren auf den Weg nach Choresmien. Zu der Zeit regierte Qutbuddin Muhammad bereits seit fast 14 Jahren. Gurgandsch oder auch Dschordschaniya war Hauptstadt von Choresmien und wurde auch Choresm genannt. Es steht fest, dass Dschordschani sich in dieser Stadt niederließ. Er wurde einer der Leibärzte des  Qutbuddin Muhammad. Dschordschani stellte fest, dass es noch kein vollständiges Nachschlagwerke für die Medizinlehre gab, und verfasste das wertvolle Werk Zachirah-i Charazmschah – Es ist ein Lexikon  über alles medizinische Wissen der damaligen Zeit  und gilt als einflussreichstes Werk für den Beginn und die Weiterentwicklung  der modernen iranischen Medizin. Dschordschani wurde vor allem mit diesem Werk dafür berühmt, dass er der islamisch-iranischen Medizin neues Leben einhauchte.  

                           

Es verdient aus verschiedener Hinsicht Beachtung, dass Dschordschani damals das  Zachirah-i Charazmschah verfasste:

Erstens ist dies das erste neue medizinische Nachschlagewerk, welches ungefähr ein Jahrhundert nach dem Qanun von Ibn Sina (Avicenna) verfasst wurde. Zweitens war Dschordschani folgte zwar der Schule von  Avicenna, aber sein Zachirah-i Charazmschah  ist vollständiger als das Qanun. Dschordschani hat seine eigenen medizinischen Ansichten und die Verfahrensweisen von Razi und Ahwazi sowie die Erfahrungen großer Mediziner wie Ali ibn Isa Al Kahhal, der beste Augenarzt unter den Muslimen im 4. und 5. Jahrhundert nach der Hidschra (10.- 11. Jahrhundert nach Christus) hinzugefügt.  Sein Nachschlagewerk ist von so großer Bedeutung, dass Forscher darin einen großen Schritt für die Weiterentwicklung der islamischen Medizinlehre sehen.

Zachirah-i Charazmschah war auch das erste vollständige medizinische Nachschlagewerk in Neupersisch (Farsi).  Dank dieses Werkes erreichte die Entwicklung der iranischen Medizinlehre ihren Höhepunkt. Die meisten Ärzte im Iran begannen ihre Bücher auf Persisch zu schreiben. Schon zuvor hatte es erste Ansätze zur Benutzung der Persischen Sprache in medizinischen Werken gegeben, wie die der Mediziner Herawi und Achawani. Nach ihnen wurde diese Bewegung auch von Ahmad Faradsch und von Ibn Sina fortgesetzt. Aber erst Dschordschani hat mit seinem Buch Zachirah-i Charazmschah eine allgemeine Bewegung zur Wiederbelebung der nationalen islamischen-iranischen Medizinlehre in Gang gesetzt. Forscher sehen in diesem Werk nicht nur einen großen Schritt für die Wiederbelebung und Wahrung von Wörtern und Ausdrücken des Neupersischen, sondern eine reiche Quelle für medizinische Ausdrücke und Informationen, die danach in den medizinischen Werken in Farsi verwendet wurden.

 Mit seinem Werk Zachirah-i Charazmschah hat Dschordschani vollständig die wissenschaftliche Unabhängigkeit der iranischen Medizinlehre von den großen  medizinischen Zentren in Bagdad bewirkt. Diese Unabhängigkeit hatte bereits Ibn Sina angestrebt. Zudem erreichte Dschordschani  durch sein Werk auch kulturelle Selbständigkeit.

 

                            

Es verdient Beachtung, dass Dschordschani mit seinem Wirken als Arzt und seiner medizinischen Lehre sowie seinem wertvollen Schriften eindeutig zur Förderung der medizinischen Zentren Irans beigetragen hat.

Das Zachirah-i Charazmschah ist ein umfassendes, inhaltsreiches Buch und daher dauerte es einige Zeit, bis Dschordschani es zu Ende schreiben konnte. Zum Schluss des neunten Bandes begründet Dschordschani  die Verzögerung damit, dass er in einer Apotheke in der Stadt Choresm namens Baha al-Dawlah  beschäftigt war und dort großer Andrang herrschte. Zugleich sei es ihm beim Schreiben daran gelegen gewesen, so exakt wie möglich zu sein.    

Zachirah-i Charazmschah  umfasste zunächst 9 Bände und wurde dann um einen 10. Band ergänzt. In der Einleitung schreibt Dschordschani, dass er eigentlich nicht vorhatte, den weiteren Band über Arzneimittelkunde- und Anfertigung  hinzuzufügen, doch hätten die Gelehrten ihn gedrängt einen 10. Band diesem Thema zu widmen.

Es wird vermutet, dass Dschordschani das medizinische Nachschlagewerk Zachirah-i Charazmschah in der Zeit von 504 bis 521 nach der Hidschra und dem Mondkalender geschrieben hat. Qutbuddin Muhammad Chwarazmschah war 491 Herrscher von Choresmien geworden. Seine Herrschaft dauerte nach christlicher Zeitrechnung von 1098 bis zu seinem Tod im Jahre 1127 oder 1128.  Dschordschani hatte noch nicht lange mit dem medizinischen Lexikon begonnen, als der Thronanwärter von Qutbuddin Muhammad Chwarazmschah, sein Sohn  Ala ad-din Atsiz ihn bat, eine Zusammenfassung vom Zachirah-i Charazmschah anzufertigen.

Dschordschani schrieb daher in zwei Bänden, wieder auf Farsi, das medizinische Werk Chofa Ala`ii.  Bis 521 nach der Hidschra hat Dschordschani also mindestens zwei große Bücher über die Medizin geschrieben. 

Im gleichen Jahr 521 nach der Hidschra – 1127 /28 nach Christus verstarb Qutbuddin Muhammad Chwarazmschah, der während seiner dreißigjährigen Herrschaft Choresmien zu einer Blütezeit verholfen hatte. Sein Sohn wurde Nachfolger. Wie sein Vater war auch er ein Freund von Kultur und Mystik, unterstützte  Wissenschaft und Handwerk und war um die Förderung der Islamischen Lehre bemüht.

Gemäß Angaben von Al-Dschuwaini  und `Aufi (12. und 13. Jahrhundert nach Christus)  hat Ala ad-Din Atsiz auch Gedichte in Neupersisch verfasst. Nachdem er den Rang eines Chwarazmschah erreicht hatte ernannte er eine Person, die in den islamischen Wissenschaften bewandert war und nützliche Werke geschrieben hatte. zu seinem Minister. Es war Imam Madschduddin Sahib Nadschari. Von daher gewann der Königshof der Chwarazmschahs noch mehr an Bedeutung als Versammlungsort für Gelehrte. Dies veranlasste Dschordschani neben der besonderen Beachtung, die man seiner Person schenkte, dass er weiter in Choresmien blieb und dort wirkte und Bücher verfasste.  Mit  großer Wahrscheinlichkeit sind die meisten seiner anderen Werke in dieser Zeit entstanden.

 

 

Werke wie  al \al-ʾaqraz-ut-tebbiyya(e) wa-l-mabahith-ul-ʾalaʾiyya(e) über Medizin), die Übersetzung des Medizinlexikons Zachirah-i Charazmschah  ins  Arabische und des  arabischsprachigen Werkes Qanun von Ibn Sina (Avicenna) ins Persische, das medizinische Werk Al-Tibb al-Mulkuki und das Buch Kitab fi al-Rad al-Phalasifah in Arabisch – ein kritisches Werk über Philosophie sowie Bücher über islamische Weisheit und die das Thema Ethik behandelnden Bücher  Tadbir al-Yaum va Laylah und Wasiat-Nameh. In dieser Zeit in Choresmien hat Dschordschani also auch das Zachirah-i Charazmschah, welches er in Farsi verfasst hatte, noch einmal ins Arabische übertragen. Grund war, dass Persönlichkeiten und Gelehrte jener Zeit kritisiert hatten, dass es nicht auf Arabisch war und dass gemäß seinen eigenen Worten, nicht alle das Zachirah-i Charazmschah nutzen konnten.  Dank der Übertragung ins Arabische fand dieses Nachschlagewerk noch mehr Verwendung und wurde Dschordschani auch in nicht-iranischen Gebieten der damaligen Wel berühmt. Von den Büchern, die Dschordschani in dieser Zeit über Medizin, Hikma (Weisheit) und Irfan (Mystik) geschrieben hat, werden einige in den Werken seiner Zeitgenossen erwähnt. Sie blieben jedoch nicht alle erhalten.

        

Beim nächsten Mal werden wir über eine weitere iranische Persönlichkeit sprechen.