In Iran gerühmt, in der Welt berühmt (20 – Nasiruddin al Tusi)
Die iranische Persönlichkeit, die wir heute vorstellen, ist ein Philosoph und Mathematiker, Astronom und Rechtsgelehrter ( Faqih) und Mutakallim gewesen und hat im 13. Jahrhundert nach Christus gelebt. Es handelt sich um Chadscheh Nasiruddin Tusi.
Abu Dscha`far Muhammad ibn Muhammad Nasiruddin al Tusi ist der vollständige Name von Al-Tusi.
Er wurde am 11. Dschamadi ul awwal 597 der Hidschra geboren, Das entspricht dem Monat Februar des Jahres 1201 nach Christus. Geburtsort war Tusi im Nordosten Irans. Allerdings gibt es Uneinigkeit über den Geburtsort, ebenso wie über seinen Namen und Beinamen, den Namen des Vaters und das Geburtsdatum. In mehreren seiner Schriften hat al- Tusi erwähnt, dass er aus Tus kommt, so zum Beispiel in der Einleitung zu seinem Buch Zidsch-Ilchani über die Position der Sterne und Planeten, wo er schreibt: „Ich geringwertigster Diener komme aus Tus.“
Der Historiker Hamdallah Mustaufi schreibt, dass die Vorfahren von Al-Tusi aus einem Dorf, welches im Distrikt Dschahrud in der Provinz Qum liegt und früher zu Saveh gehörte, stammten. Seine Vorfahren seien nach Tus umgesiedelt und weil er dort geboren wurde, sei er als al-Tusi bekannt geworden. Sein Vater war Mohammad ibn Hasan, ein imamitischer Rechtsgelehrter und Hadithologe. Chadsche Nasiruddin wurde von ihm unterrichtet und erlernte bei ihm die Grundkenntnisse der Wissenschaften, des Korans, der islamischen Rechtslehre und ihrer Methodik. Er erwarb Kenntnisse in Natur- und Religionswissenschaften und beschäftigte sich zugleich mit der Mathematik, Algebra und Geometrie und ebenso mit Musiklehre. Zur Fortsetzung seines Studiums verließ er Tus und begab sich nach Neyschabur, welches ebenso in Nordostiran liegt. Schon als junger Mann wurde er als hervorragender Gelehrter in Mathematik, Astronomie und Hikma (islamische Weisheit) bekannt. Daher ist er als einer der einflussreichsten Gelehrten der islamischen Geschichte Irans betrachtet worden.
Neyschabur war damals eine der vier großen Städte Chorasans im Nordosten Irans. Es galt mehrere Jahrhunderte lang als eines der wichtigsten wissenschaftlichen Zentren des Islamischen Reiches. Chadsche Nasiruddin blieb längere Zeit dort und nutzte die Lehre zahlreicher Gelehrter bis er die verschiedensten Wissenschaften beherrschte. Was ihn unter den islamischen Gelehrten so hervorragend werden lässt, ist das umfassende Wissen, das er bei seinen Lehrmeistern erwarb. Er wurde für seine hohen Kenntnisse in Mathematik, Astronomie, Theologie, Jurisprudenz, Mystik, Sufismus, Logik und Philosophie – ebenso wie in der Dichtung aber auch in der Medizin bekannt. Unter anderem war er Schüler von Gelehrten wie dem islamischen Philosophen und Astronomen Fariduddin Damad Neyschaburi und Chadsche Qutbuddin Misri, einem der besten Schüler des bedeutenden Imam Fachri Razi. Anscheinend war es Qutbuddin Misri, der ihn das Werk Qanun von Abu Ali Sina (Avicenna) lehrte.
Einige Forscher haben Chadsche Nasiruddin Tusi den Titel Chatam Falasafa (Siegel der Philosophie) und andere haben ihn Aql Hadi Aschar – Elfter Intellekt - genannt. Der große Gelehrte Allama Hilli, der ein Schüler Nasiruddin war, schreibt über seinen Lehrmeister:
„Chadsche Nasiruddin Tusi war der begabteste (Gelehrte) unserer Zeit. Er ist der beste (Gelehrte) von denen, die wir kennengelernt haben, gewesen und besaß viele Werke über die Geisteswissenschaften und überliefertes Wissen. Bei ihm haben wir Theologie und das Schafa von Avicena und ein Buch über Astronomie, das dieser große Mann selber verfasst hat, studiert. Danach ist er verstorben und Gott möge seine Seele heiligen!“
Chadsche Nasiruddin war eine angenehme Erscheinung. Er hatte eine charaktervolle Art und war geduldig und bescheiden. Dieser Gelehrte setzte sich voll und ganz für die Verbreitung der Kultur und des Islams und der schiitischen Rechtsschule ein, achtete und ehrte Persönlichkeiten und unterstützte die Notleidenden.
Während Chadsche Nasiruddin in Neyschabur in Chorasan seine Studien weiterführte, ereignete sich der Einfall der Mongolen, die nacheinander alle Städte in Trümmern legten. Als einzige sichere Orte kamen nur die Burgen der Ismaeliten in Fragen. Die Ismaeliten leisteten mit ihrer Kühnheit mehrere Jahre lang gegenüber den Mongolen Widerstand.
An der Spitze der Ismaeliten stand Alauddin Mohammad. Nasiruddin Muhtascham war einer seiner Gouverneure. Sein Sitz war die Burg Quhestan in Chorasan. Nasiruddin Muhtascham galt als eine gelehrige Persönlichkeit. Er förderte die Wissenschaften und ließ den Gelehrten besondere Gunst zukommen. Dieser ismaelitische Gouverneur hatte gehört, dass sich Chadsche auf den meisten Gebieten der Wissenschaften einen Namen gemacht hatte und lud Chadsche nach Quhestan ein. Chadsche nahm seine Einladung angesichts des Einfalls der Mongolen und der Zerstörung der Städte und Massaker unter der Bevölkerung an. Gouverneur Nasiruddin Muhtascham nutzte die Fähigkeiten dieses Gelehrten. Er bat Chadsche Nasiruddin um eine zusammenfassende Übersetzung des Buches At Tahira von Abu Ali Miskawaih Razi aus dem Arabischen ins Persische. Nasiruddin fertigte die gewünschte Übersetzung an und fügte ihr noch weitere Dinge hinzu. Er benannte das Werk nach Nasiruddin Muhtascham mit dem Titel „Achlaq-i Naseri“ – Die Naseri-Moral. Chadsche Nasiruddin blieb lang in der Festung von Nasiruddin Muhtascham und widmete sich dort dem Studium und Schreiben von Büchern. Hier entstand auch sein Werk Resalah-i Muiniyah über Astronomie und er schrieb dazu auf Persisch unter dem Namen des Sohnes von Naseridin Muhtascham, der Muinuddin hieß, einen Kommentar. Außerdem fertigte er eine Übersetzung von dem Werk Achlaq Muhtaschami (Muhtaschami-Moral) an.
Aus den Bemerkungen die Chadsche Nasiruddin in einigen Manuskripten seines Kommentares zu dem Werk Ischirat von Ibn Sina(Avicenna) macht, geht hervor, dass er sich auf der Burg der Ismaeliten nicht wohl fühlte und nicht freiwillig dortblieb, sondern notgedrungen und gegen seinen Willen. In Wahrheit war er dort eingekerkert und verbrachte lange eine harte Zeit.
Der ismaelitische König Alauddin Mohammad erfuhr von Chadsche Nasiruddin und bestellte ihn zu sich. So brachte ihn Nasiruddin Muhtascham in die Maimundiz-Festung im Norden Irans. In dieser Zeit schrieb Chadschah das Scharh Ischirat und viele mathematische Werke, darunter sein Asas al Iqtibas (über Logik).
In den iranischen Städten herrschte zu der Zeit eine sehr chaotische Lage. Die mongolischen Eroberer gingen sehr gewaltsam mit der Bevölkerung um. Sie hatten inzwischen auch die Eroberung von Bagdad und die Vernichtung der Abbasiden im Sinn und planten ebenso die Eroberung der Burgen der Ismaeliten.
Hülegü Khan , ein Enkel des Dschingis Khan, zog mit einem Heer von hundertzwanzigtausend Mannen in Richtung Westen, um die dortigen Gebiete einzunehmen. 653 nach der Hidschra – circa 1245 nach Christus - hatte er den Fluss Amudarya (Oxus) überquert. Der ismaelitische Gouverneur Nasiruddin Muhtascham in Chorasan ergab sich und danach eroberte Hülegü Khan nacheinander alle Festungen der Ismaeliten bis er schließlich die Festung Maimundiz im Norden Irans nahe der Alamut-Festung erreichte. Hülegü Khan schickte einen Gesandten zu Ruknuddin Churschah, den Vertreter des ismaelitischen Herrschers Alauddin Mohammad und forderte ihn zum Gehorsam auf. Chadscha Nasiruddin Tusi spornte Ruknuddin Churschah an, auf Hülegü zu hören, so dass sich dieser ergab. Hülegü nahm den angesehenen Chadsche Nasiruddin und seine Söhne zu sich in sein Gefolge. Diese hatten geholfen, dass Churschah kapituliert und ein Massaker verhütet wird.
Es heißt, dass Hülegü trotz seiner Brutalität und Hartherzigkeit ein Freund der Wissenschaft war und die Alchemie und Sterndeutung besonders schätzte. Als er der Herrschaft der Ismaeliten ein Ende gesetzt hatte, behielt er Nasiruddin Tusi an seinem Hofe.
Chadsche Nasiruddin Tusi beherrrschte die meisten Wissenschaften und war besonders auf dem Gebiet der Mathematik und dem Gebiet der Astrologie und Astronomie ein hervorragender Meister. Er übte großen Einfluss auf Hülegü aus . Dieser beriet sich in wichtigen Angelegenheiten mit Chadsche Tusi und ernannte ihn zum Wezir – zum Minister.
Der amerikanische Historiker George Sarton schreibt in seinem Werk über die Geschichte der Wissenschaften, dass Nasiruddin Tusi wegen der Fähigkeit, aufgrund seiner astronomischen Kenntnisse Voraussagen zu machen, einen starken Einfluss auf Hülegü gewann und es heißt, dass Hülegü nicht wagte, eine Maßnahme zu ergreifen, ohne vorher sich mit seinem Astronomen zu beraten.
Beim nächsten Mal erfahren Sie, liebe Hörerfreunde, noch mehr über Chadscheh Nasiruddin al-Tusi.