Jun 06, 2022 14:57 CET
  • In Iran gerühmt, in der Welt berühmt (26 – Ghiyathuddin Dschamschid al-Kaschani - 3)

Der iranische Astronom und Mathematiker, über den wir zurzeit sprechen, gereicht dem Iran zur  Ehre. Wir wollen abschließend noch etwas ausführlicher über seine wissenschaftlichen Errungenschaften und schriftlichen Werke.


 

                             

Sie haben erfahren, dass der iranische Gelehrte Ghiyathuddin Dschamschid al-Kaschani im 14. Jahrhundert nach Christus gelebt hat. Ulugh Beg, ein Abkömmling des bekannten Timurlan, herrschte  in Samarkhand (heutiges Usbekistan) und  lud al-Kaschani ein, dorthin zu kommen, nachdem er von diesem Gelehrten die  Sternentabellen Zidsch Chaqani erhalten hatte. Ulugh Beg wollte, dass al-Kaschani in Samarkhand, welches damals ein wichtiges Gelehrtenzentrum war, eine Sternwarte errichtet.  Ghiyathuddin Dschamschid hat nicht nur entschiedene Mitarbeit bei der Planung und dem Bau der Sternwarte in Samarkhand geleistet, sondern auch wertvolle Bücher verfasst. Er fand jedoch 1429 im Alter von nur 42 Jahren in der Sternwarte den Tod. Es besteht der Verdacht, dass Ulugh Beg seine Tötung veranlasst hat. Nach der Ermordung dieses jungen iranischen Gelehrten büßte Samarkhand allmählich immer mehr an  seiner Bedeutung für die Wissenschaft ein. Auch die Tätigkeiten in dem Observatorium gingen zusehends zurück und die Sternwarte verlor schließlich ganz ihre Position. 

                                  

Die Forscher sind sich darüber einig, dass Ghiyathuddin Dschamschid Kaschani mehrere Innovationen auf dem Gebiet der Mathematik einbrachte. Er kannte die Werke seiner Vorgänger, überprüfte sie kritisch und verwirklichte neue Ideen. Dieser iranische Gelehrte aus Kaschan war ein großartiger Kenner von Rechnungsmethoden und den anderen in mathematischen Annäherungsverfahren voraus.

Al-Kaschani kann sogar als der bedeutendste Mathematiker Irans in der Islamischen Zivilisationsära betrachtet werden. Er hat einige wichtige neue Dinge in die Mathematik eingeführt. Dazu gehören die Berechnung der Kreiszahl Pi bis auf 16 Nachkommastellen und die Einführung von Dezimalbrüchen.

 

Ghiyathuddin Dschamschid al-Kaschani zählt zu den wenigen Astronomen, die nie zur Sterndeutung bereit waren, obwohl die Astrologie sehr gefragt  war. Er war ein großer Wissenschaftler und hat auf dem Gebiet der Astronomie viele Erfindungen gemacht, z. B. ein Gerät namens Tabaq al Manatiq.  Es war ähnlich aufgebaut wie ein Astrolabium und diente zur  leichteren Vorhersage von Planetenorten. Als Eingabe dienten Angaben aus Planetentafeln, die in Astronomiebüchern wie beispielsweise seinem Zidsch Chaqani enthalten waren. In seinem Buch Nuzhat al Hadaiq beschreibt er die Anwendung des Gerätes. Alle Kaschani-Forscher bestätigen, dass dieser iranische Gelehrte in Nuzhat al Hadaiq  2 Jahrhunderte vor dem deutschen Astronomen Johannes Kepler erkannt hat, dass die Umlaufbahn des Mondes und des Merkurs die Gestalt einer Ellipse hat.

                          

Trotzdem er schon mit 42 sein Leben verlor , hat Ghiyathuddin Dschamschid al-Kaschani zahlreiche Werke für die Wissensdurstigen  hinterlassen . Wir stellen nun kurz einige davon vor.

                                  

 

Sein Lehrbrief Sullam al Sama (Leiter des Himmels) oder Risala Kamaliyah ist in arabischer Sprache und er schloss diese Abhandlung im Jahre 809 nach der Hidschra in seiner Heimatstadt ab. Das war 1407 nach Christus und  bevor er nach Samarkhand übersiedelte.  Kaschani schreibt in diesem Lehrbrief über Größe und Durchmesser der Erde, des Mondes, der Sonne,  Planeten und Sterne und deren Abstand zur Erde. Im Vorwort zu seinem Buch Sullam al Sama ebenso wie in dem Buch Miftah ul Hisab begründet er seine Abhandlung damit, dass er die Mängel und die Meinungsunterschiede seiner Vorgänger hinsichtlich dem Standort  der Himmelskörper und ihrer Abmessungen beseitigen wollte.

 

Der Titel eines anderen Werkes von Ghiyathuddin Dschamschid Kaschani über die Astronomie lautet Muchtasar dar Ilm He`at – kurze Abfassung über die Astronomie.  Es ist auf Persisch. Al-Kaschani schrieb es 813 nach der Hidschra (1411 nach Christus)  oder noch früher, als er noch in Kaschan war, und übergab es Mirza Eskandar Bahador Chan. Das Buch handelt von der Laufbahn und der Bewegung des Mondes, der Sonne und den Sternen und Planeten.

Zidsch Chaqani ist ein weiteres Werk des iranischen Gelehrten über die Astronomie. Es ergänzt den Zidsch-Ilchani. Al-Kaschani schrieb es in Kaschan, im Jahre 816 nach der Hidschra (1414 n. Christus) zu Ende und schickte es dem Timuridenherrscher Ulugh Beg in Samarkhand.   Mit diesem  Werk verbesserte und ergänzte er den Zidsch-Ilchani,  nämlich die Sternentabellen, die Nasiruddin al-Tusi zusammengestellt hatte. Das Zidsch-Chaqani von al-Kaschani ist auf Persisch  und befasst sich im Rahmen  von 6 Artikeln  mit der Kalenderberechnung,  der Trigonometrie und der Anwendung der Mathematik in der Astronomie sowie astronomischen Regeln. Die Berechnungsmethoden, die al-Kaschani in seinem Zidsch- Chaqani  beschreibt, lieferten auch die Grundlage für seine späteren Werke über die Trigonometrie und Arithmetik.  

Ulugh Beg benutzte den Sternekatalog von al-Kaschani als Ausgangsbasis für seinen eigenen Zidsch. Wir sollten nun den Begriff Zidsch etwas näher erläutern.

                                   

Unter Zidsch werden Bücher verstanden, in denen der Ort der Himmelskörper verzeichnet ist. Solche Bücher enthalten Angaben über den Sonnenauf- und -untergang, die Sichtung des Mondes und bekannter Planeten und Sterne, im Laufe des Jahres und von bestimmten Orten aus. Ein Zidsch ist ein Katalog mit Tabellen. Die Tabellen dieses Sternkataloges finden für die Feststellung des Standes von Himmelskörpern und ihre Beobachtung Verwendung und dienen dazu festzustellen, wie lange die Tage und Nächte sind. Mit Hilfe des Sternkalenders kann der Jahreskalender aufgestellt werden und sie dienen zur Orientierung und für astronomische Zwecke.  Einige haben sie auch für die Sterndeutung benutzt.

In der Vergangenheit hat jeder versierte Astronom  und jede Sternwarte einen eigenen Zidsch angelegt und die Sternekataloge der Vorgänger überarbeitet. Eine Reihe von diesen alten Sternkatalogen wurden unter dem Namen von Königen oder Befehlshabern geschrieben und es sind Exemplare davon erhalten geblieben. Sie werden  in Museen aufbewahrt.  Auch in unserer Zeit werden immer noch ähnliche Kataloge angelegt. Sie dienen wissenschaftlichen und astronomischen Zwecken und sind natürlich viel genauer.  Vermutlich ist das arabische Wort Zidsch eine Ableitung von dem mittelpersischen Wort Zig. „Zig“ bedeutet „Sternentabelle“ oder „Jahreskalender“. 

                             

Zu den weiteren kostbaren Werken des Ghiyathuddin Dschamschid Kaschani gehört das Resaleh dar Scharh Alat Rasad   (Lehrbrief über die Erklärung von Geräten zur Himmelsbeobachtung). Dieses Werk schrieb er im Jahre 816 nach der Hidschra auf Persisch und überreichte es Sultan Eskandar, dem Gouverneur von Isfahan. In diesem Lehrbrief, den er möglicherweise in Isfahan geschrieben hat, erklärt Ghiyathuddin Dschamschid 8 neue Geräte zur Himmelsbeobachtung. Er hatte diese Geräte selber erfunden.

Das Buch Nuzhat al Hadaiq   verfasste er 2 Jahre später. Er schrieb es in Kaschan und verfasste es auf Arabisch. Auch in Nuzat al Hadaiq  beschreibt er den Aufbau von selbst erfundenen astronomischen Geräten. Im ersten und zweiten Anhang dieses Buches erläutert er einige Berechnungen und Beobachtungen und stellt die Hypothese vor, dass die Umlaufbahn des Mondes und des Merkurs ellipsenförmig ist.

In Nuzhat al Hadaiq beschreibt er zudem seine Erfindung Tabaq al Manatiq genauer, ein Gerät welches den Stand des Mondes und der Sonne und fünf Planeten und deren Abstand zur Erde zeigt und mit Hilfe dessen sich Sonnenfinsternisse und Mondfinsternisse voraussehen lassen.  Zum Schluss des Buches beschreibt er ebenso das von ihm erfundene  Luh-i Etesalat – ein anderes Hilfsmittel  für Himmelsbeobachtungen.

                                   

In  Samarkhand schrieb Ghiyathuddin Dschamschid Kaschani  827 nach der Hidschra  (um 1424 nach Christus) sein Buch Risalah Muhitiyah (Lehrbrief über den Kreisumfang). Es war auf Arabisch und zählt zu seinen bedeutendsten Werken. Dieser Lehrbrief behandelt die Berechnung des Kreisumfanges gemäß der klassischen Methode. Historiker, die sich mit der Geschichte der Mathematik in Europa beschäftigt haben, betrachten es als Meisterwerk für Rechenverfahren.  Kennzeichnend für das Risalah Muhitiyah  ist die Anwendung von einfachen Berechnungsmethoden,  die nicht über das Wurzelziehen hinausgehen und zugleich sehr genau sind.

Sein mathematisches Werk Miftah ul Hisab schrieb  Ghiyathuddin Dschamschid  im Laufe von über sechs Jahren. Er überreichte es im Jahre 830 nach dem Mondkalender  in Samarkhand dem Timuridenherrscher Ulugh Beg. Das war 2 Jahre vor seiner Ermordung im Jahre 832 (1429) . Auch Miftah ul Hisab war auf Arabisch und als Lehrbuch gedacht. Es wurde in den iranischen Lehrstätten und an den alten theologischen Lehrzentren im Anschluss an das Chulasat al Hisab (Summa der Arithmetik) von Scheich Bahai gelehrt.

                 

Damit, liebe Hörerfreunde, gehen unsere Ausführungen über den iranischen Astronomen und Mathematiker Ghiyathuddin Dschamschid al Kaschani zu Ende. Beim nächsten Mal stellen wir eine weitere verdienstvolle Persönlichkeit aus der Geschichte Irans und der Islamischen Zivilisationsära vor.