Feb 09, 2016 16:29 CET

In Fortsetzung unserer Ausführungen über die Bedeutung der Religion für den Menschen möchten wir einige besondere Merkmale der jüngsten und letzten Religion Gottes, nämlich den Islam betrachten.

Die Menschheit hat – wie die Geschichte bezeugt, immer religiöse Überzeugungen gehabt. Atheistische Denker haben die Religionen damit in Zusammenhang gebracht, dass der Mensch viel Unbekanntem in der Natur  gegenüberstand ohne es erklären zu können und sich vor Erscheinungen in der Natur wie  Sturm und Gewitter fürchtete.  Andere waren der Ansicht, dass die Religion wegen ihrer  gesellschaftlichen Funktionen  zustande kam.  Doch ist,  wie wir bereits sagten, die Religion immer eines der Grundbedürfnisse der Menschheit  gewesen  und der Koran sagt, dass sie auf  die natürlichen Veranlagung  des Menschen zurückgeht. Diese Fitra lädt  den Menschen zur  Religiosität ein  und veranlasst ihn, sich geistige und praktische Grundsätze für ein besseres Leben anzueignen.  Weil diese Botschaft   manchmal nicht mehr beachtet wurde, sind Propheten ausgesandt worden, um sie aufzufrischen.

 

Das Wissen und die Lehren, die den Propheten zur Verkündigung  offenbart wurden, sollten den Menschen über ihr alltägliches stoffliches Leben hinaus zur Erkenntnis von höheren Horizonten und dem Endziel verhelfen.

 

Entsprechend der rationalen und gesellschaftlichen Weiterentwicklung des Menschen wurde die Religionslehre verfeinert bis sie schließlich in den Lehren des Islams zur Vollendung gelangte. Der Islam ist daher sowohl die letzte als auch die umfassendste Religion.  Diese Religion  ist unerschütterlich und ewig.   Solange es Menschen auf der Erde  gibt, ist der Islam ihr Wegführer und zeigt ihnen,  was sie tun sollten, um an  Wohl und Glück zu gelangen.

 

                        

 

 Der Islam lässt keinen Punkt, der für die Rechtleitung nötig ist, aus. In der Sure 16 (Sure Nahl)  heißt es im Vers 89 darüber, dass im Islam alle Dinge erklärt werden:   „Und Wir haben dir das Buch zur Erklärung aller Dinge herniedergesandt, und als Führung und Barmherzigkeit und frohe Botschaft für die Gottergebenen.“

 

 

 

Der bekannte Gelehrte  Allama Tabatabai schreibt in seinem  Korankommentar „Al Mizan“ über diesen Vers: „Der Koran ist das Buch zur Rechtleitung der Menschen und mit `alle Dinge` ist alles gemeint, was die Rechtleitung des Menschen betrifft, d.h. alles Wissen über den Ursprung und die Auferstehung und das Jenseits,  die richtige Moral und die Berichte über Begebenheiten und Mahnungen, welche die Menschen für die Rechtleitung benötigen.“

 

 Im Korankommentar Nomuneh heißt es zu dieser Stelle in der Sure 16:

 

„Mit `alle Dinge` sind in diesem Koranvers alle Angelegenheiten gemeint, die für die allseitige Vervollkommnung des Einzelnen und der Gesellschaft notwendig sind. Das soll jedoch nicht bedeuten, dass der Koran eine große Enzyklopädie wäre, in der alle Einzelheiten der Mathematikwissenschaften, Geografie, Chemie oder Physik ständen.“ 

 

Der Koran ist also ein Buch, das erleuchtet und rechtleitet und mit dem Ewigen Wissen, das es enthält, sozusagen als Grundgesetz  für das Leben der Gottgläubigen gilt. Imam Ridha (a)  sagt über die Reichhaltigkeit und Universalität des letzten Himmelsbuches: „Gott hat den Koran nicht für eine bestimmte Zeit und ein bestimmtes Volk vorgesehen.  Der Koran ist für alle Zeiten und für alle Menschen bis zum Jüngsten Tag aktuell „ (Uyun al Achbar Ar Ridha, Bd. 2, S 130)

 

Außerdem ist aus der Gesamtheit der Lehren und Programme des Islams deutlich abzuleiten, dass das Nachdenken die Basis des Islams bildet. Das ist eine wichtige besondere Eigenschaft des Islams. Die eifrige Bemühung um Vermehrung von Wissen und Erkenntnis besitzt einen hohen Stellenwert in dieser Religion.  Denken bedeutet Nutzung der Kräfte der Vernunft zur Ableitung nützlicher konstruktiver Ergebnisse.  Vernunft ist ein hohes göttliches Geschenk und eine besondere Begabung die Gott dem Menschen verliehen hat, damit er mit ihr den Weg zu Glück und Wohl geht.

 

Der Prophet Gottes hat gesagt: „Das Beste, was Gott den Menschen geschenkt hat, ist die Vernunft.

 

 

 

Allerdings haben die meisten religiösen Gelehrten der Religionen vor dem Islam, behauptet, dass die Religion im Widerspruch zur Vernunft stehe. Insbesondere kam es  bei der Interpretation der Kirche von den christlichen Lehren zu dieser falschen Ansicht. 

 

Sie sagten Religion sei  Gottes Sache und der Mensch habe nicht das Recht darüber nachzudenken.  Dadurch geriet  das Christentum geistig in die Sackgasse.  Infolgedessen entstanden besonders ab dem 16. Jahrhundert in den westlichen Ländern Bewegungen, die sich gegen die Religion richteten und eine große Schar von Intellektuellen nahm Abstand von der Kirche.  Diejenigen, die spirituell bleiben wollten,  haben sich teilweise den östlichen Religionen oder einigen mystischen Bewegungen minus Religion zugewandt.  Eine große Gruppe wurde Anhänger des Materialismus und nicht-göttlicher Lehren. Andere bekämpften die Kirche  und ergriffen klare Position gegen sie.

 

                                   

 

Ajatollah Makarem Schirasi, ein iranischer Koranexeget  sagt über die Ursprünge dieser Entwicklungen:

 

„Dieses Phänomen kam  in Anbetracht der besonderen Bedingungen in der europäischen Welt nicht unerwartet. Klarer ausgedrückt:  Die Faktoren für die Bewegungen gegen die Religion und die materialistischen Tendenzen in Europa  sind in der besonderen Haltung der Kirche und ihrer Miene gegenüber der Renaissance und dem zunehmenden Fortschritt der Naturwissenschaftler   bei der Aufdeckung von Geheimnissen in der Natur zu sehen., d.h.  als die Kirche im Mittelalter, (insbesondere vom 13. Bis 15. Jahrhundert)  ihren Kampf gegen die  Wissenschaft begann und diesen Kampf  sogar bis zum 16. und 17. Jahrhundert fortsetzte  und die wissenschaftlichen Bewegungen durch die Inquisition   unterdrückte  und die Verurteilung der  Wissenschaft anordnete.  Die Intellektuellen wurden aufgefordert sich zu entscheiden: entweder für die Wissenschaft oder für die Religion (allerdings die Religion in einer Form wie sie in dieser Atmosphäre vorgestellt worden war). Sie wählten die Wissenschaft, weil sie ihre Grundlagen beobachtet und sicher erprobt hatten.  Der Fehler, das Verhalten der Kirchenväter auch mit anderen  Religionen in Verbindung zu bringen, hatte zur Folge, dass einige Gelehrten rigoros  alle Religionen ablehnten  und sogar den Gedanken von einer prinzipiellen  Nichtvereinbarung der Religion mit der Wissenschaft aufwarfen.“

 

Der Islam hat jedoch niemals die Ratio und das freie Denken unterdrückt, sondern sie im Gegenteil unterstützt und sich selber auf den Verstand berufen.  Das Nachdenken steht im Islam auf so hoher  Stufe,  dass es nicht erlaubt ist, die Überzeugungsgrundsätze, deren Kenntnis für alle Pflicht ist, einfach zu übernehmen.  Der Islam weist den Menschen an, nachzudenken, damit er die Glaubensprinzipien einsieht. Er unterstreicht, dass jeder frei über diese Grundsätze nachforschen soll.

 

 

 

Gemäß dem Islam  ist eine Stunde Nachdenken auf der Suche nach der Wahrheit mehr wert als 70 Jahre Gottesanbetung es sind.

 

 In den Versen 17 und 18 der Sure Zumar (Sure 39 ) lesen wir:

 

 

 

„… Gib denn die frohe Botschaft Meinen Dienern ;

 

„es sind jene, die auf das Wort hören und dem besten von ihm folgen. Sie sind es, denen Allah den Weg gewiesen hat, und sie sind es, die Verstand besitzen.“

 

 

Die Bedeutung des Denkens im Islam setzte  gleich im ersten Jahrhundert nach seinem Erscheinen eine wissenschaftliche Bewegung in Gang, deren Früchte  im zweiten und dritten Jahrhundert nach der Hidschra  (8. Und 9. Jahrhundert nach Christus) geerntet wurden.

 

Dank dieser Bewegung konnten  Hasan Ibn Hitham, der bekannte islamische Physiker und  Dschaber Ibn Hayyan, der Vater der Chemie sowie Kharazmi, der große  Gelehrte und Mathematiker  und viele weitere Denker in Erscheinung treten.  Ihre Werke übten später zweifelsohne einen großen Einfluss auf die westliche Zivilisation aus und verhalfen ihr zu einem Wandel.  Interessant ist, dass diese Bewegung der Entdeckungen und  Erfindungen der muslimischen Gelehrten in einer Zeit erfolgte, wo die  Kirchenväter  im mittelalterlichen Okzident streng    gegen die Renaissance und die Bannerträger der neuen wissenschaftlichen Bewegung  vorgingen.