Feb 09, 2016 16:33 CET

Wir haben letztes Mal gesagt, dass die Lehren des Islams deutlich zu erkennen geben, dass diese Religion das Denken des Menschen zugrundelegt.

Dies ist ein großer Vorzug des Islams. Nachdenken  und die Bemühung um einen Fortschritt in Wissenschaft und Erkenntnis nehmen, wie gesagt, einen ganz besonderen Platz im Islam   ein. Diese Religion baut auf dem Denken auf und erlaubt es nicht, dass jemand die Glaubensprinzipien einfach von anderen übernimmt. Der Islam unterstreicht vielmehr,  dass sich jeder diese Prinzipien  frei gedanklich erarbeiten und sich über sie erkunden soll.

 

Der Islam zeichnet sich dadurch aus, dass seine Lehren mit der Gott gegebenen menschlichen Veranlagung   im Einklang stehen.  Der islamische  Terminus für dieses  edle  Ur-Wesen jedes Menschen ist die Fitra.  Die Fitra ist ein Privileg des Menschen gegenüber den Tieren.  Sie  enthält natürliche menschliche Neigungen  wie die Liebe zur Wahrheit – den Hang zum Guten und zur Tugend, die Liebe zum Schönen und den Hang zur Anbetung des Höheren.

 

 Die Gebote und Lehren des Islam sind dem natürlichen Wesen des Menschen angepasst.  Daher berücksichtigen sie alle Aspekte der menschlichen Existenz und gewährleisten die Entfaltung seiner Begabungen in Richtung der Vollkommenheit.  Wir entnehmen den Koranversen, dass der Mensch nicht nur ein stoffliches  sondern auch ein geistig-seelisches Wesen ist. Der Mensch besitzt zwei Seiten und zwei verschiedene Strömungen spielen eine Rolle in ihm. Die eine Strömung besteht aus  Beweggründen und Neigungen, die ihn dazu drängen, seine Triebe und leiblichen und materiellen Bedürfnisse zu stillen, und die andere sind Kräfte und Kapazitäten im Menschen, die ihn zu Wahrheit und Recht und zur Spiritualität auffordern und ihn in die  Nähe Gottes rufen.

                     

 

Der Islam ist die Vollendung der Gottesreligionen und sein Konzept erwidert die natürlichen Bedürfnisse und Neigungen des Menschen, d.h. er schlägt  einerseits für die Erwiderung seiner körperlichen Bedürfnisse  geeignete Wege vor und andererseits unterbreitet er Prinzipien und Programme , damit der Mensch seine menschlichen und spirituellen Kapazitäten entfalten und sich vervollkommnen kann.

 

Bei allen Menschen sind die Neigungen im Ur-Seelengrund- der Fitra – die gleichen. Die Fitra ist also das gemeinsame Ausgangskapital aller Menschen.  Der Islam spricht daher den Menschen allgemein an und nicht nur ein bestimmtes Volk oder eine bestimmte Gesellschaftsschicht.  Der Islam lädt alle  auf den rettenden Weg ein.  In sein Konzept sind alle Menschen eingebunden. So kommt es, dass der Islam  immer unter allen Schichten und Gruppen Anhänger gefunden hat.

 

 

 

Der Islam ist gekommen, um soziale Gerechtigkeit herzustellen und daher ist es sein Ziel, die Entbehrenden und Unterdrückten zu retten und die Unterdrücker zu bekämpfen, aber er spricht dennoch nicht nur die Geschwächten in der Gesellschaft an, sondern er wirkt auch auf diejenigen Gesellschaftsschichten  ein, denen er den Kampf angesagt hat.

 

            

Der Islam zeichnet sich dadurch aus, dass er  eine Weltreligion für alle Zeiten  und  nicht auf bestimmte geografische Grenzen beschränkt ist.

 

Als Mohammad (Gottes Segen sei ihm und Friede seinem Hause) zum Propheten berufen worden war, lud  er  damalige  Imperatoren, wie den Herrscher über das Römische bzw. das Persische Reich und den Herrscher von Ägypten in getrennten Schreiben zum Islam ein. Er hätte dies nicht getan, wenn der Islam keine Religion für die ganze Welt gewesen wäre.  Laut dem Koran ist der Islam Rechtleitung für alle Menschen. In dem Vers 87 der Sure Sad (Sure 18) heißt es: „Dieser (Koran) ist eine Ermahnung für alle Welten.“

 

 

Aus dieser Stelle im Koran geht also hervor, dass er für alle Menschen geoffenbart  und der Prophet zur gesamten Menschheit ausgesandt wurde.  An einer anderen Stelle verheißt Gott den Sieg dieser universalen Religion über alle anderen. Im Vers 33 der Sure Tauba (Sure 9) steht:

 

 

„Er ist es, der Seinen Gesandten mit der Rechtleitung und der wahren Religion geschickt hat, um ihr zum Sieg zu verhelfen über alles, was es (sonst) an Religion gibt - auch wenn es den Götzendienern zuwider ist.“

 

 

Es lässt sich angesichts dieser besonderen Eigenschaften sagen, dass  der Islam im Gegensatz zu den anderen Religionen Gottes, die in einem bestimmen Abschnitt der Geschichte und für bestimmte Völker herabgesandt wurden, eine Religion für die ganze Menschen zu jeder Zeit ist.  Diese Universalität des Islams trifft auch auf seine Lehren zu.  Der Islam lehrt, was für das Wohl des Menschen notwendig ist und zwar in Form von generellen und  detaillierteren Gesetzen.  Er betont, dass die generellen Gesetze durch angemessene Verfeinerung auf die zeitlichen und örtlichen Bedingungen angewandt werden.   Die Islamischen Lehren legen daher allgemeine Gesetze für das Wohl der Menschheit vor, und sind zugleich fähig, sich an die verschiedenen zeitlichen und örtlichen Bedingungen und verschiedenen Kulturen anzupassen.  Bei diesem Mechanismus besteht kein Bedürfnis an einer neuen Religion mehr. Der Islam ist daher die  letzte Himmelsreligion, welche den Menschen offenbart wurde.

 

 

Der Islam zeichnet sich auch durch seine Vollständigkeit aus. Vollständigkeit und Vollkommenheit stehen miteinander im Zusammenhang und einige muslimische Denker verstehen dasselbe darunter. Sie berufen sich hinsichtlich der Vollständigkeit auf den Koran, zum Beispiel auf den Vers 89 der Sure Nahl (Sure 16):  

 

 

 „…Und Wir haben dir das Buch zur Erklärung aller Dinge herniedergesandt, und als Führung und Barmherzigkeit und frohe Botschaft für die Gottergebenen“

 

 

Gemäß diesem Vers soll der Koran aufklären. Da der Koran das Buch der Rechtleitung ist und zur Entfaltung und Vervollkommnung des Menschen herabgesandt wurde, ist hier  gemeint,  dass alle diejenigen Dinge im Koran stehen, die der Mensch zu seiner Weiterentwicklung und Vervollkommnung braucht.  Der Koran legt alle Angelegenheiten bezüglich der Rechtleitung des Menschen dar.

 

 

Der Islam beachtet das Wesen des Menschen. Alle Aspekte der menschlichen Existenz werden von ihm berücksichtigt. Er spricht von der Stellung des Menschen im Dasein, von den Faktoren, die zu seiner Vervollkommnung führen, von seinen Bedürfnissen und wie er sie stillen soll, von der Beziehung des Menschen zu sich selber, zu Gott, der Natur und den anderen und von den göttlichen Bräuchen, die  über   das Leben des Einzelnen und der Gesellschaft herrschen.

 

 

Die Islamischen Lehren zeichnen sich auch durch Einfachheit aus.  Eine Religion, die für alle Menschen in allen Abschnitten der Geschichte gelten soll, muss auch so sein. Es muss einfach sein, dieser Religion beizutreten  und  ihre Beachtung muss frei von großer Mühsal und ziellosem unsinnigen Tun sein.

 

Weil die Lehren des Islams einfach sind und mit den natürlichen Neigungen des Menschen einhergehen, sind sie eine Wohltat für Seele und Geist.

 

 

Einige sagen: Wie kann eine Religion, die früher einmal geoffenbart wurde, die Bedürfnisse des Menschen zu jeder Zeit erwidern?  Wie können die Gebote des Islams, die vor 14 Jahrhunderten von Gott zur Rechtleitung und Verwaltung des Lebens herabgesandt wurden, sich an die Erfordernisse der Zeit anpassen und die vielfältigen Bedürfnisse des Menschen in unserem heutigen Zeitalter erwidern?

 

 

Wenn wir diese Frage beantworten wollen, müssen wir  zunächst die verschiedenen Bedürfnisse des Menschen nach zwei Gruppen unterscheiden – nämlich primäre und sekundäre.

 

Die primären Bedürfnissen  sind in den Trieben und der Fitra des Menschen verankert und sie existieren, so lange es den Menschen gibt, unabhängig von den verschiedenen zeitlichen und örtlichen Bedingungen.  Dazu gehört zum Beispiel das Bedürfnis nach Nahrung, Bekleidung und Unterkunft oder seelische Bedürfnisse wie das Bedürfnis nach Wissen und Einsicht und Anbetung des Höheren, oder gesellschaftlich bedingte Bedürfnisse wie das Bedürfnis nach Zusammenarbeit und gegenseitiger Hilfe  oder das Bedürfnis nach Freiheit.

 

Aber es gibt auch eine Reihe von Bedürfnissen, die von den elementaren Bedürfnissen abzweigen wie die Bedürfnisse an  Lebensgegenständen. Diese ändern sich mit der Zeit.  Auch wird  bei der zunehmenden Komplexität  der gesellschaftlichen und politischen und   kulturellen Beziehungen das Bedürfnis nach neuen Kommunikationsformen verspürt. In Wahrheit sind die sekundären Bedürfnisse ein Mittel zur Verwirklichung der primären Bedürfnisse, sie sind aber nicht beständig wie diese sondern ändern sich entsprechend dem Zeitalter. 

 

Im nächsten Teil wollen wir über das Potential des Islams zur Erwiderung der Bedürfnisse des Menschen sprechen.