Zu Ehren von Frau Dr. Maryam Mirzakhani
Maryam Mirzakhani erlag am am 14. Juli dieses Jahr im Alter von vierzig in den USA einem Krebsleiden. Sie war eine erfolgreiche iranische Mathematikerin. Wir möchten sie zu Wort kommen lassen und aus ihrem Leben berichten.
"Je mehr ich mich mit Mathematik beschäftigt habe, desto aufregender war das für mich." Dies ist die letzte Nachricht von Maryam Mirzakhani in Face Book gewesen. Am 14. Juli berichteten die Nachrichtenagenturen von dem frühen Tod dieses Mathematikgenies aus Iran. Keiner wollte es so recht glauben.

Maryam Mirzakhani , die am 3. Mai 1977 zur Welt kam, sagt über ihre Kindheit: "Ich bin in Iran auf die Welt gekommen, dort aufgewachsen und hatte eine schöne Kindheit. In unserer Familie war niemand ein Wissenschaftler, aber von meinem älteren Bruder, der sich für Mathematik und Wissenschaften interessierte, habe ich viel gelernt.
Damals wurden die Frauen ermutigt, auf eigenen Beinen zu stehen und ihre Interessen zu verfolgen. Ich erinnere mich noch, dass das iranische Fernsehen (IRIB) Filme über berühmte und starke Frauen wie Marie Curie und Helen Keller ausstrahlte und Leute würdigte, die ihre Ziele ernstnehmen. Ich träumte immer davon Schriftstellerin zu werden und füllte meine Freizeit mit Lesen von Geschichten. Später habe ich mich an Mathematikwettbewerben beteiligt und mein Interesse an der Mathematik wurde immer größer. "
Als Maryam Mirzakhani das Teheraner Gymnasium Farzanegan der Islamischen Republik Iran besuchte, gewannt sie die Goldmedaille bei der Internationalen Mathematik-Olympiade sowohl in Hong Kong im Jahre 1994 als auch in Kanada im Jahre 1995 und erhielt als erster iranischer Schüler und als erster Teilnehmer die volle Punktezahl. Sie war das erste weibliche Mitglied des iranischen Schülerteams, welches an der Mathematikolympiade teilnahm, sowie die erste Schülerin, welche bei der Mathematikolympiade die Goldmedaille gewann und die erste, die diese Medaille gleich zweimal hintereinander für sich bestimmte. Außerdem erhielt sie als erster Teilnehmer bei dieser internationalen Olympiade die volle Punktezahl.
Nach ihrem Besuch des Gymnasiums für Hochbegabte, nahm sie ihr Studium an der renommierten Scharif-Universität in Teheran auf. Darüber sagt sie: "Ich hatte viele gute Freunde, die auch die Mathematik liebten und aus den Studienjahren eine aufregende und inspirative Zeit machten. Zur Fortsetzung meines Studiums bin ich an die Harvard-Universität gegangen. An dieser Universität war ich unter Leitung von Professer Curtis MacMullen tätig und habe mich für verschiedene Zweige der Mathematik zu interessieren begonnen. Damals wurde Frauen in den mathematischen Fächern an den Universitäten keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Allerdings war es auch nicht so, dass man mich gar nicht beachtet hätte, ... aber vom Ideal sind wir noch entfernt."
Die junge Iranerin machte 2004 an der amerikanischen Harvard-Universität unter Betreuung von Curtis MacMullen, einem der Preisträger der Fields-Medaille, ihren Doktor.
Maryam Mirzakhani wurde 2005 als eine der ersten 10 jungen Hochbegabten von der US-Zeitschrift Popular Science auserwählt und als mathematisches Talent gelobt. Sie gewann 2009 die Blumenthal-Auszeichnung der amerikanischen Mathematiker-Vereinigung und 2014 wurde ihr als erste Frau die Fields-Medaille verliehen. Seit dem 1.September 2008 hat sie an der Stanford-Universität als Professorin und als Forscherin gewirkt. Vorher war sie Dozent an der Princetown Universität gewesen.

Mirzakhani sagt: "Manchmal habe ich das Gefühl in einem großen Wald zu sein und weiß nicht wohin ich gehe. Aber irgendwie gelange ich schließlich auf einen Hügel und kann alles klarer überschauen. Was in dem Moment passiert, ist wirklich aufregend."
Als sie gefragt wurde, was für sie nach einer anstrengenden geistigen Arbeit der größte Lohn ist, sagte sie: "Sicherlich ist das Ereignis, das die größte Zufriedenheit auslöst, jener Augenblick in dem du sagst: Aha! Der Augenblick, in dem du die Freude und Genuss des Neuen erlebst und das Gefühl hast, du stehst auf einem Hügel und hast von dort aus einen vollständigen Ausblick. Dies obwohl mathematische Arbeit für mich wie ein langer Aufstieg zu einem Berggipfel ist, ohne das bereits ein Tretpfad oder ohne das überhaupt ein Ausblick auf das Ende des Pfades existiert. "
Mirzakhani hat 2009 für ihre Errungenschaften in der Mathematik den Blumenthal-Preis erhalten. In der Bekanntmachung der amerikanischen Mathematiker-Vereinigung wurde die Verleihung an sie mit ihrer außergewöhnlichen Kreativität und ihre erfinderischen Doktorthese begründet. Die junge Mathematikerin befasste sich in ihrer Doktorarbeit unter anderem mit der hyberbolischen und der symplektischen Geometrie.
2014 wurde ihr die Fields Medaille verliehen. Diese Medaille ist die höchste wissenschaftliche Auszeichnung in der Mathematik und wird alle vier Jahre an einen Wissenschaftler unter 40 vergeben. Sie wird auch als Nobelpreis der Mathematik bezeichnet. Maryam Mirzakhani ist die erste Frau weltweit und die erste Person aus Iran, der es gelang , diesen Preis für sich zu bestimmen.

Unter den Mathematikern war sie dafür bekannt, dass sie auch die schwersten Fragen in ihrer Forschung unbeirrt weiterverfolgte. Ihr Doktorvater Curtis McMullen bestätigt, dass sie in der Mathematik unerschrocken war und einen großen Ehrgeiz besaß.
Frau Mirzakhanis Selbstvertrauen war nicht zu erschüttern, dennoch war sie immer sehr bescheiden. Als sie gefragt hatte, inwieweit sie zur Lösung eines bestimmten Forschungsproblems beigetragen hatte, sagte sie: "Wenn ich ehrlich sein soll, so habe ich, glaube ich, nicht viel dazu beigesteuert."
Aber die anderen Mathematikern haben sie gelobt. Alex Eskin, einer ihrer Kollegen an der Universität Chikago bezeichnete ihre Doktorarbeit über die Zählung der Ringe auf einer Fläche mit hyberbolischer Geometrie als erstaunlich und ist der Ansicht, dass ihre Erkenntnisse es verdient haben, in den mathematischen Lehrbüchern aufgenommen zu werden.
Ein anderer Mathematiker der ebenso in Chikago lehrt, namens Bensan Farb, ist der Meinung dass auch eine weitere Errungenschaft dieser Mathematikerin,nämlich auf dem Gebiet der Dynamik von abstrakten Linien, ausgezeichnet werden müsse.

2006 konnte Maryam Mirzakhani ein kompliziertes Problem lösen nämlich: Was passiert mit hyperbolischen Flächen, wenn sie aufgrund von Erdbeben ähnlichen Mechanismen verformt werden?
Ein weiteres schwieriges Problem war die Prognose des Verhaltens einer Billardkugel auf einem Billardtisch, der mehr als vier Seiten aufweist. Seit einem Jahrhundert waren Mathematiker um eine Antwort auf diese einfach anmutende Frage bemüht, doch erst Maryam Mirzakhani hat in den Jahren 2012 und 2013 zusammen mit zwei Kollegen erfolgreich eine Lösung finden können.
Auch auf der Liste der 13 Gewinner des Simons-Forscherpreises 2013 erscheint der Name der jungen iranischen Mathematikerin und Professorin an der Stanford-Universität. Ihre Forschungen waren u.a. auf die Teichmüller-Theorie konzentriert .
Der Ausschuss für die Verleihung der Fieldsmedaille lobte in seiner Erklärung, dass Maryam Mirzakhani ein breites Spektrum von Techniken und mathematischen Gebieten beherrscht und sowohl technisches Können, als auch mutigen Ehrgeiz, Weitblick und tiefe wissenschaftliche Neugier in sich vereint. Dies alles waren Gründe dafür, dass dieser jungen Mathematikerin aus Iran die Fields-Medaille verliehen wurde. Diese Medaille ist die höchste internationale Auszeichnung für einen Mathematiker. Nach dieser Preisverleihung füllte der Name der Mathematikerin die Titel der internationalen Nachrichtenagenturen. Zeitungen wie Washington Post und Guardian interviewten die Iranerin. Die Presse rühmte die junge Mathematikerin als erstaunliches Talent.
Jamens Carlson von dem Clay Mathematics Institute sagt: "Mirzakhani versteht sich meisterhaft darauf, neue Zusammenhänge zu entdecken. Sie kann rapide von einer einfachen Sache ausgehend zu einer tiefgehenden Theorie gelangen."
Der iranische Staatspräsident Hasan Rohani hat im August 2014 in einer Botschaft auf seiner Face Book Seite Frau Mirzakhani gelobt und ihr zur Auszeichnung mit der Fields Medaille gratuliert. Auch sein Vizepräsident und Leiter der iranischen Atomenergiebehörde, Ali Akbar Salehi beglückwünschte die iranische Wissenschaftlerin anlässlich Verleihung der höchsten Auszeichnung für Mathematik, beglückwünscht.
Dschafar Niuscha, der Autor des Buches : "Fragen der Flächengeometrie" hat an einer Stelle seines Buches zu einem geometrischen Problem unter dem Titel "Erinnerung an Frau Dr. Maryam Mirzakhani, eine begabte ehemalige Schülerin, die heute eine große junge Professorin ist" geschrieben: "1993 ging Frau Maryam Mirzakhani in die zweite Klasse des Farzanegan-Gymnasiums in Teheran. Ich habe damals in dieser Klasse Geometrieunterricht gegeben und wollte mit dieser Frage die Begabung meiner Schüler erproben. Die einzige Lösung ist genau die Lösung,welche Frau Mirzakhani gefunden hat. Ich wünsche ihr noch mehr Erfolg."
Maryam Mirzakhani lässt sich in der Welt der Mathematik mit den größten Mathematikern international vergleichen und zweifelsohne wird ihr Werk in der Mathematik noch lange Jahre herangezogen und in den Mathematikerkreisen der Welt diskutiert werden. Aber die Welt der Mathematik und die wissenschaftliche Gesellschaft trauert nun über ihren frühen Tod. Ihre Seele möge in Frieden ruhen.