Anlässlich des internationalen Dokumentarfilmfestivals im Iran
Das iranische Zentrum für die Förderung des Dokumentar- und Experimentalfilmes hat vom 9. bis 16. Dezember zum 12. Mal das Internationale Festival Cinema Verite veranstaltet. Diesjähriges Motto dieses Festivals für Dokumentarfilme war ein Ausspruch von Imam Ali, nämlich "Die Wahrheit ist der beste Wegführer". Wir haben einen kurzen Bericht über dieses wichtige Kinoereignis vorbereitet.

Am 16. Dezember fanden in Teheran die Abschlusszeremonien zum 12. Internationalen Festival Cinema Verite - Film der Wahrheit - statt. Bei diesem Festival schnitt der iranische Film "Chanehi baraje to – „ein Haus für dich“ von Mehdi Bachschi Moqadam am besten ab. Er kandidierte für 6 Kategorien und wurde für den besten Film, die beste Regie und die beste Filmmusik ausgezeichnet. Unter den Gewinnern waren weitere Filme aus der Islamischen Republik Iran wie „Baharestan“, „Asrar Daryatscheh (Geheimnisse im See)“, „Delband“ (Liebling), „Ruye sabs-e Biaban“ (das grüne Gesicht der Steppe), „Sang wa Nan“ (Stein und Brot) .
Eine besondere Festivalkategorie drehte sich um das Thema "Bergbau und Bergbauindustrie“. Es wurden 16 Filme gezeigt und die Filme „Schur-e Schirin“ (schöner Eifer) und „Galin“ aus unserem erzreichen Land konnten Preise gewinnen. In der Festivalsparte „Sonderpreis der Jury“ wurden der „Film Lulu – die Perlenboxerin“ aus Tansania , die iranischen Dokumentationen „Mahyak“ und „Faryad ru be bad“ (Schrei gegen den Wind) sowie „neunmonatiger Krieg“ - eine Produktion von Ungarn und Katar- und „Alicia“ aus Holland ausgezeichnet.
In der Festivalabteilung Schahid Avini-Preis ging die Auszeichnung an die Filme „Erinnerungen eines Kriegsreporters“, „Balutschistan“ und „Die Nachahmung des gelben Herrns“.

Seyyed Mohammad Mehdi Tabatabai nezhad, der Exekutivleiter des Zentrums für den Dokumentar- und Experimentalfilm sagte, dass dieses Jahr circa 650 iranische Dokumentarfilme im Sekretariat des Festivals eingegangen waren, von denen 71 Filme in der nationalen Wettbewerbssparte und 29 Filme in der Kategorie des Schahid Avini-Preises zugelassen wurden.
Der wettbewerbsfreie Teil des Festivals widmete sich wie immer einerseits den Werken erfahrener Größen des Dokumentarfilms wie Mohammad Resa Aslani, Manutschehr Taiyab, Farschad Fedaiyan und Farhad Varahram und andererseits Experimentalfilmen.
Zum diesjährigen Festival Cinema Varite - Kino der Wahrheit -gehörten auch Zeremonien zur Würdigung der Filmmeister Husain Turabi und Manutschehr Moschiri.
Die Zahl der Filme, die für den internationalen Wettbewerb des Festivals eingereicht wurden, belief sich auf circa 4000. Die Dokumentationen stammten aus 100 verschiedenen Ländern. In die engere Wahl kamen 27 Dokumentarfilme aus 20 Ländern und von 5 Kontinenten. Sie wurden zu diesem Wettbewerb zugelassen.
Zum diesjährigen Festival gehörten ebenso Workshops, die von iranischen und bekannten internationalen Meistern geleitet wurden, wie Mohammad Resa Aslani, Dr. Ahmad Alasti, Humayun Imami und Mehrdad Oskouei aus Iran. Hauptthema waren Ton und Musik. An den zweitägigen Workshops nahmen der bekannte Tonmeister Eric Schnitzer und der deutsche Regisseur Werner Herzog teil.
Der Filmbazar des internationalen Festivals Cinema Verite war wieder eine gute Gelegenheit für die iranischen Kinofachleute, um ihre Produktionen vorzustellen, Investitionskapital anzuziehen und sich mit den ausländischen Gästen auszutauschen. Auf diesem Bazar können die Regisseure von Dokumentarfilmen mit bekannten Gesichtern aus dem Filmvertrieb und Käufern aus verschiedenen Teilen der Welt zusammentreffen. Im Rahmen einer neuen Initiative hatten sie dieses Jahr die Möglichkeit, Entwürfe für geplante Filme vorzustellen. Von den 100 Projekten wurden 18 ausgewählt und auf einer Sitzung hatten die einzelnen Regisseure 7 Minuten Zeit, kurz ihr Projekt zu präsentieren und das Interesse von in- und ausländischen Investoren zu gewinnen.
Das Festival für Dokumentar- und Experimentalfilme Cinema Varite fand auch in 12 anderen Provinzen in Form der Vorführung von Dokumentationen statt.

Der bekannte französische Dokumentarfilmer Nicolas Philibert war anlässlich der Vorführung seines jüngsten Filmes „de chaque instant“ – „Jeden Augenblick“ nach Teheran zum Festival gekommen. Er sagte, dass er sich für den Experimentalismus von Abbas Kiarostami begeistere.
Philibert nimmt in seinem jüngsten Film „Jeden Augenblick“ den Zuschauer mit in ein Krankenhaus, in dem Krankenpfleger ihr Praktikum machen, und er macht uns mit ihren Problemen ebenso vertraut wie mit ihrer Ausbildung. Der Film zeigt wie die Auszubildenden nach besten Kräften versuchen, den Patienten zu helfen. Der Film behandelt das Thema aus sehr humanitärer Sicht.
Philibert sagt, er habe schon zahlreiche iranische Filme gesehen und sei schon mit vielen iranischen Kinofachleuten und Regisseuren zusammen getroffen. Er erklärte: „Wir in Frankreich wissen, dass der iranische Kinofilm wertvoll ist. Viele unter der Bevölkerung lieben den iranischen Film und die großen Filmregisseure wie Abbas Kiarostami und Asghar Fahradi.“ Philibert sagt, dass ihm die malerische Darstellung im iranischen Film sehr gut gefällt ebenso wie die philosophische Sichtweise. Philibert erklärte: „Kiarostami ist mein Lieblingsregisseur. Ich habe ihn mehrmals getroffen und war von seinem Charakter, seiner Kunst und seinem Verhalten beeindruckt. Als er starb, habe ich in einer englischen Zeitung eine lange Notiz in Gedenken an ihn geschrieben. Was mir besonders an Kiarostami gefallen hat, ist sein Experimentalismus, wie zum Beispiel in dem Film Close-up, den ich liebe.“

Vitali Manski, der Regisseur der Dokumentation „Putins Zeugen“ sagte: „Ich sehe, dass das Cinema Varite für die Iraner ein wichtiges Festival ist. Die Leute sprechen frei über die Filme und sagen ihre Meinung.“ Er fuhr fort: „Jedes Festival braucht eine hohe Zahl von Zuschauern, und auch in dieser Hinsicht hat das Festival für den Dokumentarfilm im Iran gute Erfolge erzielt und ist auf viel Beifall gestoßen.“
Dieser russische Regisseur fuhr fort: „Voriges Jahr sind auf dem Dokumentarfilm-Festival in Russland viele Filme zensiert worden. Wenn diese Zensur nicht wäre, würden auch in unserem Land viele russische Zuschauer die Dokumentarfilme begrüßen. Der Dokumentarfilm spielt in der Welt von heute eine sehr wichtige Rolle, aber die schädlichsten Dokumentationen sind Filme mit Regierungspropaganda. Denn hinter diesen Filmen steckt die Idee, dass die Menschen nicht nachdenken sollen und dies ist Respektlosigkeit gegenüber den Zuschauern.“
Der alterfahrene iranische Dokumentarregisseur Mohammad Resa Aslani verwies darauf, dass der Dokumentarfilm in den letzten Jahren eine bessere Position eingenommen hat. Er sagte: „Die Produktion von Dokumentationen hat inzwischen erfreulicherweise einen akzeptablen Fortschritt gemacht
Zu Beginn des 20. Jahrhundert lebten auf der Erde 2 Milliarden Menschen und die Hälfte von ihnen ging ins Kino. Heute beträgt die Bevölkerung 7 Millionen und es sind nach wie vor eine bis anderthalb Milliarden Menschen, die ins Kino geht. Diese Publikumszahlen hält die Filmindustrie zwar in Bewegung, sie zeigt aber, dass Spielfilme nicht mehr die Anziehungskraft von früher haben. Ein Teil der Bevölkerung ist mit dem virtuellen Raum beschäftigt und das Fernsehen spielt auch eine Rolle, aber insgesamt sehen wir daran, dass der Teil der Bevölkerung, der nicht ins Kino geht, mehr an Informationen, Debatten und Erlebnisberichten interessiert ist und die Realitäten auf der Welt kennenlernen möchte .“
Schließlich forderte dieser iranische Regisseur noch, dass Sonder-Kinosäle für Dokumentarfilme eingerichtet werden. Er sagte: „Die Allgemeinheit kennt nicht dieses Kino, aber der Dokumentarfilm wird seine Freunde unter dem allgemeinen Kinopublikum gewinnen, wenn dieses Bekanntschaft mit ihm geschlossen hat.“

Angesichts des herannahenden 40. Siegesjubiläums der Islamischen Revolution wurde das internationale Festival Cinema Varite mit der vollständigen und rekonstruierten Ausgabe der Dokumentation „Für die Freiheit“ von Husain Turabi eröffnet. Dieser Filmregisseur hat 1979 in Zusammenarbeit mit anderen Kinofachleuten aus Iran die verschiedenen Ereignisse der Islamischen Revolution und des Referendums – die Abstimmung über die Staatsform – in 12 Provinzen des Landes festgehalten. Diese Dokumentation mit dem Titel „Für die Freiheit“ wurde im Sommer 1979 zum ersten Mal bei der Wiedereröffnung des Nationalen Filmhauses Irans der Öffentlichkeit vorgeführt.
„Für die Freiheit“ wurde später von dem British Film Institute Southbank auf die Liste von 10 Dokumentarfilmen gestellt welche die Welt bewegten. In dieser Liste steht auch der Film „Bowling for Colombine“ von Thomas Moore. Der Dokumentarfilm „Für die Freiheit“ wurde 2007 in London gezeigt.
Auf der Eröffnungszeremonie wurden noch weitere Filme über die Revolution, die 3 Jahrzehnte nach ihrem Sieg gedreht wurden, gezeigt wie zum Beispiel der Film: „Die Revolution laut sechs Schilderungen“.
Zum Schluss sei erwähnt, dass der wichtigste Vorzug des 12. Internationalen Dokumentarfilmfestivals in der Vielfalt der Themen und Dokumentationsformen bestand. Deshalb kamen auch die Zuschauer, die sich im Tschahr-Su-Pardis, wo das Festival in Teheran stattfand, versammelten, aus verschiedenen Bevölkerungsschichten.