Ausstellung mit Günther Ueckens Hafis -Bildern
Chadscheh Schamseddin Mohammad Hafis Schirasi, der große iranische Dichter des 14. Jahrhunderts nach Christus wurde mit seinen Versen und Ghaselen weltbekannt.
In einem seiner Gedichte hat er selbst vorausgesagt, dass seine Grabstätte einmal ein Pilgerort sein wird.
„Wenn du an meiner Erde vorbeikommst, dann bete dort -
Sie wird sein ein Pilgerort für die Klugen der Welt .
بر سر تربت ما چون گذری همت خواه
که زیارتگه رندان جهان خواهد بود
Der bekannte deutsche Dichter Johann Wolfgang von Goethe (18. bis 19. Jahrhundert) wurde ein begeisterter Freund der Hafis-Dichtung und widmet Hafis seine poetische Kunst wie in folgenden Reimen:
Und mag die ganze Welt versinken,
Hafis mit dir, mit dir allein
Will ich wetteifern! Lust und Pein
Sei uns, den Zwillingen, gemein!
Wie du zu lieben und zu trinken,
Das soll mein Stolz, mein Leben sein.
Nun töne Lied mit eignem Feuer!
Denn du bist älter, du bist neuer.
Seit einigen Tagen stellt der deutsche Maler und Objektkünstler Günther Uecker (geb. 1930) für einen Monat in Teheran Bilder zu Ehren von Hafis aus.
Uecker hat diese Kunstwerke inspiriert von der Ghaselen-Dichtung des Hafis geschaffen. Seine Ausstellung lief erst in der Hafisiyeh in Shiras in Nachbarschaft des Grabmals dieses Dichters und ist nun in dem Imam-Ali (a)-Museum für religiöse Künste in Teheran zu sehen. Danach soll die Ausstellung auch in Deutschland stattfinden.
Diese Ausstellung wurde in Teheran in Anwesenheit von Günther Uecker, deutschen Galerienbesitzern und iranischen Künstlern und Kunstbeauftragten eröffnet. Es werden 42 Werke, die der Künstler in Anlehnung an 30 Ghaselen von Hafis geschaffen hat, vorgestellt.
Uecker gehört seit 50 Jahren zu den bekannten innovativen Künstlern und ist Mitglied der Avantgarde Zero. Im Gegensatz zu Goethe, der niemals im Orient war und sich für seinen west-östlichen Divan von Hafis-Übersetzungen inspirieren ließ, ist Uecker mehrmals im Iran gewesen.
2012 stellte er im Teheraner Museum für zeitgenössische Kunst Werke zum Motto „Verletzungen-Verbindungen“ aus und wenige Monate später war diese Ausstellung auch in Isfahan im zeitgenössischen Museum zu sehen. Bei seinem Aufenthalt in Teheran und Isfahan schloss er näher mit der iranisch-islamischen Kultur Bekanntschaft.
Danach konzentrierte er sich auf sein neues Projekt zur Ehrung von Hafis, bei dem er direkt die Gedichte von Hafis in seine Gemälde einbindet. Das Projekt kann als ein wichtiger Teil des kulturellen Austauschs zwischen Iran und dem Westen betrachtet werden. Bei der feierlichen Eröffnung seiner Ausstellung zu Ehren von Hafis sagte der deutsche Künstler in Schiras: „Diese Werke sind eine Ehrung von Hafis und seiner Dichterfreiheit, seiner tiefen Gefühle für den Menschen und Interpretation des Schmerzes. Diese Ehrung kommt durch die Begleitung seiner Werke durch meine Farben zum Ausdruck.“
Uecker zog auf dieser Eröffnungsfeier an der Ruhestätte von Hafis in Schiras sein Schuhwerk aus, um barfüßig an das Grab des Dichters zu treten und seiner zu gedenken.
Uecker hat liebevoll seine Gemälde mit den Ghaselen von Hafis geschmückt. In diesen Gemälden vermischt sich spirituelle Ausstrahlung mit den Spuren eines Künstlers aus anderen Breiten. Uecker kennt die geometrischen Formen und Farben in der iranischen Architektur und Malerei und er deutet mit symmetrischen Formen die religiösen Bauwerke in unserem Land an.
Hafis ist in seiner Dichtung bestrebt sich vom äußeren Schein des Diesseits zu lösen und die eigentliche Wahrheit der Daseinswelt bildhaft zu umschreiben.
Für einen iranischen Künstler ist die Daseinswelt voller Zeichen Gottes, über den sich nur verschlüsselt und allegorisch sprechen lässt. Uecker scheint dieses Geheimnis erkannt und diese spirituellen Gefühlen nachempfunden zu haben. Dies kommt zum Beispiel in den farbigen Kreisen auf einigen seiner Gemälde zum Ausdruck. Der Kreis ist nämlich in der iranischen Kunst eine wichtige geometrische Figur, die für den Drang zur Wahrheit und Mystik steht. Er symbolisiert die allgemeine Hinwendung und das Streben zum Mittelpunkt. Der Kreis lenkt den Blick des Betrachters zum Mittelpunkt hin. Auch Uecker hat in seinen Gemälden dieses Moment benutzt.
Uecker überträgt die sprachlichen Bilder vom Paradiesgarten bei Hafis in Blumen und Blätterranken in hellen fröhlichen Farben. Farben sind das wichtigste Element in Ueckers Gemälde und er hat die Deutung von Farben in der iranischen Kunst bewusst berücksichtigt. Nach Meinung eines Kunstkenners spiegeln sich in seinen Farben vor allen Dingen die inneren Erfahrungen des Schaffers und seine persönlichen Empfindungen über die Dichtung von Hafis wieder.
Wenn ein iranischer Künstler die Gedichte von Hafis bebildert, wirkt das Werk natürlich vertrauter auf den iranischen Betrachter. Die Bilder von Uecker zur Ehrung von Hafis sind derweil die Vermengung original-iranischer Ghaselendichtung mit moderner Malerei und daher scheint sich vor allen Dingen gerade der nicht-iranische Betrachter von den Werken Ueckers in der Ausstellung zu Ehren von Hafis angezogen zu fühlen.
Hafis ist ein Dichter für alle Epochen und Jahrhunderte. Er gehört nicht nur dem Iran, sondern allen Menschen auf der Welt. Seine Reime sind in fast alle modernen Sprachen übertragen worden und universal. Die Gedichte von Hafis und die gedankliche Nähe zwischen ihm und Goethe schlagen eine Brücke zwischen Deutschland und Iran. Goethe und Hafis sind beide weltweit beliebt. Goethe hat in Worten und Uecker mit Farben und Linien seine Liebe zur Dichtung Hafis ausgedrückt.
Während der Eröffnungszeremonie zu der Ausstellung „zur Ehrung von Hafis“ wurde auch feierlich ein Buch über Werke Ueckers vorgestellt, die im letzten Sommermonat vergangenen Jahres im Teheraner Museum für zeitgenössische Kunst zu sehen waren. Zu Beginn seines Buches erinnert sich Uecker an die vielen freundschaftlichen Begegnungen in Teheran.
Das Buch ist auf Farsi, Englisch und Deutsch vom Verlag des Museums für zeitgenössische Kunst in Teheran herausgegeben worden. Uecker schreibt in seinem Buch über Hafis : Ich schätze den großen Dichter Hafis wegen seiner dichterischen Freiheit und seiner großen Nähe zu den menschlichen Gefühlen sowie wegen seiner Interpretation und Darstellung von Freud und Leid in der Daseinswelt sehr. Die Gedichte von Hafis bewegen sich zwischen dem, was sich ausdrücken lässt und dem, was unaussprechlich ist. Diese Gedichte haben mich motiviert, seine Werke mit meinen Farben und mit dem schönen Hauch von Paradiesgärten in einer Ebene zu untermalen, die so weit ist wie das menschliche Verlangen und über die der Ostwind streicht. All dies hat mich dazu motiviert die Reime dieses Dichters zu verzieren und sie zu krönen.“
Wir schließen mit einem Wort von Goethe aus seinem Hikmat-Nameh im west-östlichen Divan
Herrlich ist der Orient
Übers Mittelmeer gedrungen;
Nur wer Hafis liebt und kennt,
Weiß, was Calderon gesungen.