wir und unsere Hörer- Teil 78
Hörerpostsendung am 11.September 2016 - Bismillaher rahmaner rahim - Heute wird die Hörerpostsendung wieder politisch, und wer heute in der Hörerrunde mitdiskutiert, erfahren Sie nun bald liebe Hörerfreunde, allzuviele sind es nicht, denn unsere Hörerschar ist ja insgesamt sehr geschrumpft, zumindest die derjenigen, die sich zu Wort melden. Bedauerlich, aber eine Tatsache mit der wir uns auseinandersetzen müssen.
Zunächst sei gesagt, dass heute ein geschichtsträchtiger Tag ist, nämlich der 11. September. Vor 15 Jahren ereigneten sich die terroristischen Anschläge in den USA, wobei vor allem die Welthandelstürme in New York zerstört wurden und nahezu 3000 Menschen ums Leben kamen. Danach kam es zu gravierenden Veränderungen in der Welt, vor allem in unserer Region, und der Krieg gegen den Terror brachte viele blutige Auseinandersetzungen mit sich und forderte Tausende Menschenleben. Und dieser Krieg geht noch weiter und zieht immer weitere Kreise.
Heute ist auch der Jahrestag des Unglücks in der Heiligen Moschee in Mekka, in der die Kaaba steht, das Heilige Haus Gottes. Vor einem Jahr stürzte ein Baukran an dieser Moschee um, wobei mehr als 100 Pilger getötet und hunderte weitere verletzt wurden.
In der Sure 3 des Heiligen Koran steht in den Versen 96 und 97 unter anderem:
"Das erste Gotteshaus, das für die Menschen gegründet wurde, ist wahrlich dasjenige in Mekka, als ein gesegnetes Haus und eine Rechtleitung für die Weltenbewohner.
Darin liegen klare Zeichen. Es ist der Standort Ibrahims. Und wer es betritt ist sicher. "
Etwa 14 Tage später, nämlich am 24. September ereignete sich bei den Hadschritualen am Tag des Opferfestes die bisher größte menschliche Tragödie im heiligen Monat der Hadsch-Pilgerreise. Wir erwähnen dieses Ereignis heute, weil der Jahrestag des Opferfestes nach dem arabisch-islamischen Mondkalender morgen ist und die Islamische Republik Iran angesichts der großen Tragödie von Mena an diesem Tag, nun vermehrt auf dieses Ereignis, dass von Saudi-Arabien totgeschwiegen und von der westlichen Presse heruntergespielt wurde, hinweisen möchte.
Am Tag des Opferfestes im vergangenen Jahr kam es durch eine Straßensperrung und den Versuch der Umleitung der Pilgerströme, die auf dem Weg zum Ritual der Teufelssteinigung waren, zu einem großen Gedränge und einer Massenpanik, durch die mehr als 7000 Pilger ums Leben kamen. Nahezu 500 Pilger davon kamen aus Iran. Die anderen aus rund 30 weiteren Ländern.
In der westlichen Presse spricht man nur von "fast 2300 Pilgern" und Saudi-Arabien war sogar so unverschämt die Zahl der Opfer mit 769 anzugeben.
Neben dem Missmanagement bei der Umleitung der Pilgerströme, die wohl durch das Eintreffen hochrangiger saudi-arabischer Pilger notwendig wurde, durch verspätete Hilfsmaßnahmen und unterlassene Hilfeleistungen in der großen Mittagshitze dieses Tages, kam es zu der großen Opferzahl unter den Pilgern bei dieser Massenpanik im vergangenen Jahr. Die westliche Presse hat diesem Ereignis aber kaum Beachtung geschenkt. Ein weiteres Beispiel für deren so genannte Objektivität.
Das geehrte Revolutionsoberhaupt der Islamischen Revolution fordert weiterhin eine internationale Untersuchungskommission der islamischen Länder, um die Ursachen dieser Tragödie ans Tageslicht zu bringen. Aber Saudi-Arabien wehrt sich dagegen und sein Arm ist länger als der derjenigen, die nach der Wahrheit suchen.
Ein weiteres Anliegen Irans ist es, dass die Verantwortung für die heiligsten Orte der Muslime aus den Händen der saudi-arabischen Wahabiten-Sekte, die ganz offensichtlicher Unterstützer der die Region und die Welt terrorisierenden Extremistengruppen ist, an ein Gremium islamischer Länder zu übertragen. Aber auch bei diesem Anliegen ist die weltpolitische Situation Irans, dass sich nicht den Wünschen und Interessen der imperialistischen Staaten, allen voran denen der USA unterwerfen will, der größte hemmende Faktor.
Die iranischen Verantwortungsträger, allen voran das geehrte Revolutionsoberhaupt, haben das eigentliche Anliegen der Amerikaner, auch beim Abschluss des Atomabkommens mit Iran im letzten Jahr, erkannt. Sie wissen, dass es den USA nicht um Demokratie und Menschenrechte geht, sondern allein um die Ausbreitung ihrer Ideologie und Macht und die Sicherstellung ihrer Interessen und Ressourcen in der Region. Saudi-Arabien und andere Länder in der Region konnten sie dafür gewinnen, Iran aber nicht. Daher rührt der seit dem Sieg der Islamischen Revolution mit allen Mitteln gegen Iran geführte Krieg, und er geht auch nach dem Atomabkommen weiter, von dem sich der Westen ein Umschwenken Irans in Richtung der USA erhofft hatte.
Damit kommen wir zur Hörerpost und einer Mail von unserem Hörerfreund Joachim Thiel, der seinem Empfangsbericht vom 5. September hinzufügte:
"In den Nachrichten wurde ein Grußwort zur Hadsch 2016 verlesen. Darin wurde weiterhin, wie früher, die USA als "großer Satan!" bezeichnet. Bekanntlich waren die USA an erster Stelle mit an den Verhandlungen und dem Abkommen beteiligt, daß dem Iran die Rücknahme der Sanktionen versprach. Ich finde es deshalb sehr befremdend, daß immer noch dieses Schimpfwort für die USA in Verwendung ist. Kann man sich nicht vorstellen, daß, falls derartige Aussagen heute noch aus dem Iran kommen, die USA entsprechend negativ reagiert? "
Lieber Herr Thiel, vielen Dank für diesen und weitere Empfangsberichte so wie Ihre Meinungsäußerung. Wir hoffen durch die einleitenden Schilderungen in unserer heutigen Sendung eine Antwort auf Ihre Frage gegeben zu haben.
Wir verstehen natürlich die kritischen Meinungen unserer Hörerfreunde gegenüber Iran, die durch die westlichen Medien genau dahin geführt werden, wo man sie haben will.
Es gibt aber auch Hörerfreunde, die unseren Sender hören, weil sie eine andere Einstellung haben und dem Vorgehen der USA skeptisch gegenüber stehen. Zu diesen gehört unter anderen Andreas Pawelczyk, der sich immer wieder kritisch mit den USA auseinandersetzt.
Am 30. August schrieb er:
"Ich habe mich mal wieder mit den USA beschäftigt und bin auf folgenden Sachverhalt gestoßen. Die USA sind bekanntlich das Land, das fragwürdige Werte wie die "Freiheit" wie ein goldenes Kalb anbeten läßt, aber zugleich andere Werte unter den Tisch kehrt. So sind beispielsweise in den USA mindestens 5,1 Millionen Kinder durch die Haftstrafen von Vater und Mutter mitbestraft. Gab es 1968 im US-Gefängnissystem noch 200.000 Insassen, so sind es heute laut einer Studie 2,2 Millionen. 60 Prozent davon sind Schwarze oder Latinos, die meisten sind unter 40 Jahre alt und haben kaum Bildung genossen. Die Zahl der Kinder, deren Väter sich in Haft befinden, ist nach Angaben einer Studie in 20 Jahren um 500 Prozent gestiegen. Im Leben der Kinder entsteht ein großes Vakuum, und sie erfahren in ihrem Alltag eine Isolierung. Die Mehrzahl der betroffenen Familien sei ohnehin auf staatliche Unterstützung angewiesen. Mütter berichteten davon, dass sie nicht mehr in der Lage seien, Essen, Strom, Miete und Medizin zu bezahlen. Weiterhin komme es zu häufigen Umzügen wegen Mietschulden. Vor allem afroamerikanische Familien seien von Obdachlosigkeit betroffen. Im Land der großen "Freiheit" mangelt es tatsächlich an sozialer Absicherung, wenn der Vater in Haft sitzt. Schlimme Zustände herrschen da also in den USA."
Vielen Dank Herr Pawelczyk für Ihre kritische Stellungnahme.
In einer weiteren Mail vom gleichen Tag greift Herr Pawelczyk noch ein weiteres vom Westen sehr ambivalent behandeltes Thema auf, in dem es um den Nahostkonflikt geht:
"Habe die letzten Tage dazu genutzt, um mich der Sommerlektüre zuzuwenden. So habe ich mir das neue Buch von Norman Finkelstein: 'Methode und Wahnsinn' durchgelesen und bin auf interessante Aspekte gestoßen. Darin werden folgende Aussagen gemacht: Die Israelis haben mit ihren Gaza-Überfällen und Bombardements Gaza in die vierziger Jahre katapultiert. Desweiteren wurde Gazas gesamte Zivilisation vernichtet. Die israelische Operation "Säule der Verteidigung" nahm am 14. November 2012 ihren Anfang. Während des 8-tägigen Angriffs wurden rund 70 palästinensische Zivilisten getötet. Die nächste Operation war "Fels in der Brandung". Sie begann am 8. Juli 2014. Am 26. August 2014 trat eine Waffenruhe in Kraft. Als das Massaker vorüber war, hatte Israel 2200 Palästinenser getötet. Es waren zu 70 bis 75 Prozent Zivilisten. Der Gazastreifen ist mittlerweile ein Trümmerfeld. Gleichwohl wurde Netanjahu im vergangenen Jahr von den USA mit einer Verdopplung der Militärhilfe für Israel belohnt. Sein Wahnsinn hat demnach Methode. Man braucht mir natürlich nicht zu sagen, dass durch Deutsche in der Nazizeit ca. 6 Mio. Juden ermordet wurden, aber das Verhalten der Israelis in der Region läßt für die Länder der Welt zu wünschen übrig. Man kann das Verhalten der Israelis nur noch verurteilen. Mit Gottes Segen nach Teheran - Andreas Pawelczyk, Mannheim"
Anstatt sich mit Unterhaltungsliteratur die Zeit zu vertreiben, hat sich Herr Pawelczyk das aktuell im März 2016 erschienene Buch von Norman G. Finkelstein als Sommerlektüre gewählt. Das zeigt ganz deutlich das Interesse unseres langjährigen Hörerfreundes an einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Zeitgeschehen.
Über den Autor des Buches ist im Internet zu lesen:
Norman G. Finkelstein, geboren 1953, studierte Politologie an der Universität Princeton. Er lehrte unter anderem an der New York University, am Hunter College und an der DePaul University in Chicago. Norman Finkelstein ist Autor mehrerer Bücher zum Themenkomplex Zionismus, Nahostkonflikt und Holocaust-Gedenken. Zahlreiche seiner Werke sind in deutscher Sprache erschienen, darunter Israels Invasion in Gaza (2011), Antisemitismus als politische Waffe. Israel, Amerika und der Missbrauch der Geschichte (2006) und Die Holocaustindustrie. Wie das Leiden der Juden ausgebeutet wird (2001). Finkelstein lebt in Brooklyn, New York.
Dieses Buch wäre sicher auch zum Bücherschatz unseres ehemaligen Hörerfreundes Wilfried Hofmann aus Rechtsupweg hinzugefügt worden, an den wir an dieser Stelle gerne einmal erinnern wollen. Seine fehlenden Beiträge zu unserer Hörerpostsendung haben eine nicht zu schließende Lücke hinterlassen. Und die fehlenden Büchersendungen von ihm nach Teheran ebenso.
An dieser Stelle sagen wir nochmals vielen Dank an unsere Hörerfreunde Thiel und Pawelczyk für ihre kritische Auseinandersetzung mit politischen Themen, gleich in welcher Richtung.
Heute ist es spät geworden mit unserem Musikstück, aber wir wollen es nicht auslassen und es als kleine Verschnaufpause nach den anstrengenden Themen nutzen.
Es bleibt ja nicht mehr viel Zeit für heute, aber die wollen wir nutzen, um uns zunächst für weitere Empfangsberichte bei Günter Jacob in Passau, Frau Martina Pohl in Überlingen, Paul Gager in Wien, Dieter Leupold in Leipzig, Dieter Feltes in Pyrbaum, Gereon Fuhs in Wien, Michael Lindner in Gera und den Kuhns in Hamburg recht herzlich zu bedanken. Sicher werden wir darauf noch in den nächsten Sendungen eingehen.
Wir wollen die Sendung mit einem entspannteren Thema heute beenden und erwähnen deshalb noch einen weiteren TV-Tipp von Herrn Gager aus Wien. Er schrieb zu seinen letzten Empfangsberichten:
"... und für alle Gartenfreunde ein "Muss", wer es am Montag den 29.08. nicht gesehen hat, zeigt ARTE am Montag den 12.09.2016 von 18 Uhr 25 bis 19 Uhr 15 noch einmal den Dokumentarfilm "Persien- Die Erfindung des Paradieses" aus der Dokureihe "Orientalische Gartenkunst".
Dazu heißt es:
Die fünfteilige Dokureihe offenbart den Reichtum und die Vielfalt der islamischen Gartenkultur und führt in diesem Teil zu ihren Ursprüngen in Persien.
In trockener und karger Umgebung gestalteten die Menschen in Persien vor 3.000 Jahren schon durch eine kluge Wassertechnik erfrischend grüne Oasen und zum Schutz vor der Wüste von Mauern umgebene kleine Paradiese.
In Persien gab es schon vor 3.000 Jahren Gärten, also lange vor dem Propheten Mohammed. Als die ersten Muslime von der Arabischen Halbinsel ins Land kamen, waren sie fasziniert von der hoch entwickelten Garten- und Bewässerungskultur der Perser, übernahmen sie und trugen sie weiter. In trockener und karger Umgebung gestalteten die Menschen hier durch eine kluge Wassertechnik erfrischend grüne Oasen. Über unterirdische Wasserrinnen wurde das Wasser teilweise von weit her geleitet. So entstanden kleine Paradiese - der Begriff "Paradies" leitet sich vom altpersischen Wort "pairidaeza" ab, das so viel wie "Umzäunung" bedeutet.
Weiter heißt es: Der Iran liegt zwischen dem fast 6.000 Meter hohen Elburs Gebirge und dem Kaspischen Meer im Norden und dem Persischen Golf im Süden, dazwischen Wüsten, Salzseen, Weideland und Wälder. Die Dokumentation bewegt sich zwischen schroffen, trockenen Landschaften und subtropischen Gartenoasen, durch ländliche Idyllen und hektisches Großstadtchaos. Die Reise führt nach Yazd, Isfahan und Schiraz, durch Wüstengärten, Wasser- und Blumengärten, zu alten Palästen und in lebendige Städte und zeigt, wie wichtig den Menschen im Iran der Garten als Lebensraum ist.
Soweit die Informationen zu besagtem Film des TV-Tipps von Herrn Gager. Vielen Dank dafür lieber Hörerfreund.
Für alle Literaturinteressierten noch der Hinweis, dass das 16. Internationale Literaturfestival vom 7. – 17. September 2016 im Haus der Berliner Festspiele und an weiteren Veranstaltungsorten stattfindet.
216 Autorinnen und Autoren aus über 30 Ländern sind in diesem Jahr zu Gast.
Wir wünschen Ihnen allen, die Sie unseren Ausführungen am heutigen Sonntagabend zugehört haben, eine gute Zeit und bedanken uns für Ihre Verbundenheit mit unserem Sender. Eine gute und hoffentlich gesunde Woche und
Choda hafez- Gott schütze Sie!